Duisburg. Der neue Rat ist im Durchschnitt 52,5 Jahre alt, wird dominiert von der Gruppe dder 50- und 60-Jährigen. Die Duisburger Bürgerschaft dagegen ist im Mittel nur knapp 44 Jahre alt. Angestellte dominiert die politische Vertretung, die Frauenquote ist nach der Wahl deutlich gestiegen.

Manchmal, sagt Merve Deniz Özdemir, fühle sie sich schon wie ein Exot: Die Jurastudentin und Sozialdemokratin ist mit 19 Jahren die jüngste Abgeordnete im Stadtparlament. Und obwohl ihr die Marathonsitzung von Montag auf Dienstag noch in den Knochen steckt, beteuert sie: „Politik macht mir richtig Spaß.“ Fühlt sich die junge Frau nicht einsam in einem Rat, der von 50- und 60-jährigen beherrscht wird? Sie lacht. „Ich bekomme viel Unterstützung. Meine Genossen sind für mich wie eine Familie.“

Özdemir war noch nicht geboren, da saß Theo Peters (79) schon im Kommunalparlament, ebenfalls für die SPD. Er ist seit 1984 dabei und der älteste im Rat. „Politik heißt für mich, mitgestalten. Es gibt viele ältere Menschen, die müssen ja auch vertreten sein“, sagt er.

Altersdurchschnitt der Bevölkerung von 43,7 Jahren

Auf 4409 Lebensjahre bringen es die 84 Ratsmitglieder (berechnet auf Geburtstage 2013). Im Mittel sind das 52,5 Jahre, fast zehn mehr als der Altersdurchschnitt der Duisburger Bevölkerung von 43,7. Nur sieben Abgeordnete sind jünger als 30, aber 31 haben den sechzigsten Geburtstag schon hinter sich. „Junge Leute zu finden, ist nicht einfach“, sagt SPD-Fraktionschef Herbert Mettler. „Da geht es uns wie allen Institutionen.

3%-Hürde gegen Zersplitterung des Rates ?

Zu viele Parteien im Rat? Am Rande des Abstimmungsmarathons im Rat flammte jedenfalls die Debatte auf, ob für die Wahl von Stadtparlamenten wieder eine Sperrklausel eingeführt werden sollte. „Mit so einer Zersplitterung ist es schwer zu arbeiten“, sagt Martina Ammann-Hilberath (Linke). „Wir werden mit unseren Landtagsabgeordneten darüber sprechen“, kündigte SPD-Fraktionschef Herbert Mettler an. Wenn – wie am Montag – ein Ratsmitglied durch Antrag auf geheime Abstimmungen eine 14-Stunden-Sitzung auslöse, sei das „sicher eine Schieflage.“ Falls eine Hürde (diskutiert wird über 3 %) keine Chance vor Gerichten habe, müsse die Kommunalverfassung angepasst werden. Auch Dietmar Beckman (Grüne) befürwortet eine Hürde: „Die Tendenz zu großen Koalitionen ist für die politische Kultur nicht förderlich.“

Kleine Parteien bewerten die Diskussion anders. Wilhelm Bies (FDP): „Man sollte den Umgang im Rat – Antragsrechte und Redezeiten – neu ordnen.“ Stephan Krebs (Junges Duisburg): „Eine Hürde ist der falsche Hebel, denn der Anteil kleiner Parteien steigt seit Jahren. Das muss man ernst nehmen.“

Mit einer 3%-Hürde wären bei der Kommunalwahl nur sechs Parteien in den Rat gekommen. Andererseits wären dann über 18.000 (12,5%) der knapp 145.000 Wähler nicht im Rat repräsentiert.

Die Bindung an Mandate wollen viele nicht eingehen.“ Martina Ammann-Hilberath (Linke) weist auf eine besonders grobe Lücke im Altersaufbau hin: „Junge Eltern finden Sie kaum in Stadträten. Dabei werden für die viele wichtige Entscheidungen getroffen.“

Allerdings – die Nachtsitzung offenbart es – erfordert Politik viel Aufwand. Wilhelm Bies (FDP): „Man braucht Liebe zur Politik und viel freie Zeit. Da sind auch Arbeitgeber gefordert, ihren Mitarbeitern politisches Engagement zu ermöglichen. Dass junge Leute sich nicht für Politik interessieren, weist indes Stephan Krebs (Junges Duisburg) zurück. „Die haben nur keine Lust auf behäbige Apparate und Beisitzerposten im Ortsverein. Sich einbringen heißt für Jugendliche vor allem, gehört zu werden.“

Berufliche Zusammensetzung der Vertretung

Interessant der Blick auf die berufliche Zusammensetzung der Vertretung, die keineswegs – wie gern geglaubt – von Lehrern dominiert wird (nur vier), sondern von Angestellten: 38, davon 13 mit kaufmännischer Prägung. Echte Malocher sind selten: Nur sieben gibt es, darunter Edis Mirze (Linke) im Rat der Stahlstadt der einzige Stahlarbeiter.

Deutlich gestiegen ist indes die Quote der Ratsfrauen: In der vergangenen Legislatur waren es 19 von 74 (= 25 %), seit der Wahl sind es 30 von 84 (= 30 %).