Duisburg.
Da waren die gut 100 bis 150 Demonstranten vor dem Rathaus am Burgplatz doch verblüfft: Sie waren gekommen, um gegen Rechtsextreme und Rassisten im neuen Stadtrat lautstark zu protestieren, der sich gestern Mittag zu seiner ersten Sitzung nach der Kommunalwahl vom 25. Mai versammelte.
Und dann baut sich da exakt vor ihnen an der Rathaustreppe jene neu in den Rat gewählte NPD-Ratsfrau auf, gut abgesichert durch vier muskulöse, teils glatzköpfige Männer mit martialischen Tätowierungen am Hals, und grinst in Richtung der zornigen Demonstranten. Eine wohl platzierte Provokation, die gut 20 Minuten lang andauert, die aber keine Gegen-Provokationen auslöst. Lärmend mit Tröten aus der Pressluftdose, mit Gesängen („Wir sind die Moorsoldaten“) und mit Banderolen wie „Duisburg ist bunt und nicht braun“ stand man da einer seltsamen 37-jährigen Erzieherin gegenüber, deren Partei-Weltbild der Verfassungsschutz als „geschlossen rechtsextremistisch“ bezeichnet.
Die Verächter der Demokratie
Unterdessen hatten die vier neuen Ratsleute der rechtsextremen Kleinpartei ProNRW das Rathaus unerkannt betreten und bereits drinnen im Ratssaal Platz genommen. Nach 20 Minuten kam ihre NPD-Kollegin hinzu. Die Verächter der Demokratie machen es sich bequem im demokratischen Stadtparlament von Duisburg - weil Duisburger Bürger sie dort hin gewählt haben.
Oberbürgermeister Sören Link hatte sich extra die goldene Amtskette angelegt, um würdig und angemessen die insgesamt 84 neuen Ratsdamen und Ratsherren zu begrüßen und zu vereidigen. Zahllose von ihnen waren ganz neu in den Rat gewählt und es war somit ihre allererste Sitzung.
Die 35 Mitglieder der SPD-Fraktion hatten sich allesamt mit kleiner Ansteckern des DGB ausgestattet und an die Brust geheftet, darauf stand „Respekt“. „Die ist meine bisher schrecklichte Ratssitzung“, stöhnte später SPD-Ratsfrau Angelika Wagner und meinte damit die höchst unerwünschte Präsenz von Rechtsaußen.
Die sechs Mitglieder der Fraktion der Grünen waren allesamt in knallgrünen T-Shirts gekommen, mit aufgedruckten Protest-Botschaften gegen Rechts.
Wie es jene im Ratssaal rechtsaußen Platzierte dann mit der eidesstattlichen Selbstverpflichtung halten werden - die der Oberbürgermeister langsam und für jedermann klar verständlich vorlas, nämlich „die Gesetze und die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland zu wahren und zu respektieren“, muss sich noch weisen.
„Perspektiven für alle“
Reichlich eng und etwas stickig war es im völlig überfüllten Ratssaal, wo wegen der 12 Überhangmandate jetzt sogar 84 statt einst 72 Ratsleute Platz finden müssen. Weswegen die Fenster gestern Nachmittag geöffnet werden mussten und so die Demonstranten, die noch immer draußen vor der Rathaustüre ausharrten, plötzlich mit ihren Rufen und Botschaften mitten in den Ratssaal vordrangen. Fenster wieder zu.
Einen ersten gemeinsamen Akt der Demokraten im Rat gab es, als sie mit großer Mehrheit einen „Konsens gegen Rechts“ beschließen: „Wir wollen ein Duisburg, das Perspektiven für alle bietet.“
Ein zweiter gemeinsamer Akt der Demokraten gegen Rechts: Die Ratsleute der demokratischen Fraktionen lehnen eine Liste wie auch einen Antrag von ProNRW ab, die Zahl der Bürgermeister auf zwei zu verkleinern und einigen sich mit großer Mehrheit von 73 gegen 6 Stimmen auf die drei Stellvertreter des OB: Es sind dies Manfred Osenger (SPD/1. Bürgermeister), Volker Mosblech (CDU/2. Bürgermeister) und Erkan Kocalar (Linke/3. Bürgermeister, der aber nach drei Jahren sein Amt an die bündnis-grüne Ratsfrau Sirin übergeben muss). Am 30. Juni wird der Rat zu seiner ersten Arbeitssitzung zusammen kommen.