Duisburg. . Achtelfinale hin oder her - durch Anträge von Pro NRW steuerte der Duisburger Rat am Montagabend auf eine Marathonsitzung zu. Die Rechtspopulisten hatten für mehr als 30 Abstimmungen geheime Wahl beantragt. “Irrsinn“, sagte SPD-Fraktionschef Mettler. Dennoch waren sich die Parteien einig: Da mussten sie durch.

Duisburgs Stadtparlament steuerte Montagabend auf eine der längsten Sitzungen seiner Geschichte zu. Anpfiff zum WM-Algerien-Spiel um 22 Uhr hin der her, dem Rat drohte die Mega-Verlängerung bis Mitternacht und anschließende Vertagung, nachdem die rechtspopulistische Pro NRW für über 30 Abstimmungen geheime Wahl beantragt hatte.

Das ist erlaubt: Es reicht, wenn ein einzelner Stadtverordneter geheime Wahl beantragt. 84 Mal muss dann alphabetisch jeder Stadtverordnete aufgerufen werden und seinen Stimmzettel in die Urne werfen, rund eine halbe Stunde kann dass pro Abstimmung dauern, zwischenzeitlich einigte man sich darauf in Siebener-Paketen abzustimmen. Bei den Wahlen ging es u.a. um die Besetzung von Aufsichtsräten bei den Stadtwerken, dem Zoo oder um den Polizeibeirat.

"Die wollen uns nur ärgern"

Oberbürgermeister Link und die demokratischen Parteien waren vorgewarnt; man hatte sich auf die Spätschicht eingestellt. „Ein Irrsinn. Wenn man den Rat treffen will, ist das ein ungeeignetes Mittel“, so SPD-Fraktionschef Mettler. „Ein Wahnsinn“, meinte CDU-Fraktionssprecher Enzweiler. Da muss man nun durch, war die Parole im schwül-heißen Ratssaal. „Ich habe mein iPad dabei“, so SPD-Ratsherr Jürgen Edel mit Galgenhumor wegen des WM-Spiels. „Die wollen uns nur ärgern“, schimpften die Linken.

Bitteres Lehrstück

Nein, der Winkelzug der Rechtsextremen mit den geheimen Abstimmungen legte den Rat nicht lahm, zeigte aber, dass von ganz Rechts alle Möglichkeiten genutzt werden, die demokratische Spielregeln bieten. Die anderen Parteien schnaubten, ließen sich aber klugerweise nicht provozieren.

Das bittere Lehrstück dabei: Pro NRW trieb mit den geheimen Wahlen auf die Spitze, was die etablierte Politik zuvor bei den offenen Abstimmungen um Ausschusssitze vorgemacht hatte: Aushecken,Taktiererei, Machtspiele – Politleben im Elfenbeinturm. Eben das wollen Bürger und Wähler nicht. Nach diesem Montag scheint im Übrigen eine Neuauflage von Rot-Rot-Grün unwahrscheinlich. Grün geht auf Konfrontationskurs. Die SPD, sie hat freilich mehrere Optionen.

Mutmaßung zwischen den Fraktionen: Die Rechtsextremen wollten mit den geheimen Wahlen personell punkten; sie setzten auf die drei Stimmen der AfD, um so in wichtige Gremien einziehen zu können. Pro NRW-Fraktionssprecher Malonn zog unverblümt die Macht- und Einflusskarte:: „Wir nutzen jedes Instrument, um Gestaltungsmöglichkeiten zu bekommen.“

Schon bei den Abstimmungen vor dem geheimen Urnen-Marathon, bei denen es um die Besetzung der Fachausschüsse des Rates ging, etwa für Schule, Kultur, Stadtplanung, stimmten NPD und Pro NRW durchweg zusammen und gab es auch wechselseitige Unterstützung mit der AfD.

Rot-Rot-Grün vor Zerreißprobe

Am Wochenende hatte es unterdessen intensive Verhandlungen zwischen großen und kleinen Fraktionen über die Ausschussbesetzungen gegeben haben. Und dabei flogen offenbar letztlich die Fetzen. So stimmte FDP-Ratsherr Bies unerwartet durchweg mit der SPD, mit der Folge, dass die Sozialdemokraten einen Ausschuss-Sitz zu Lasten von Grünen/Linken zusätzlich bekamen und zwischen Grünen und Linken gleich zehn Mal das Los entscheiden musste.

Grünen-Fraktionssprecherin Leiße schäumte, sah darin einen „Affront“: „Die zusätzliche Stimme an die SPD geht zu unseren Lasten und kann nur bedeuten, dass die SPD eine Zusammenarbeit mit uns nicht wünscht.“ Daraufhin kündigten die Grünen auch den mit SPD, CDU und Linken vereinbarten Pakt für die Besetzung der Ausschussvorsitzenden auf. Bei anderen Gremienbesetzungen gingen sie mit der PSL-Fraktion aus Piraten, SGU und DAL eine Listenverbindung ein, nachdem noch am Sonntag offenbar Absprachen mit den Linken geplatzt waren.