Duisburg. Kein Schlaf im Rathaus: Die neuen Duisburger Stadtverordneten absolvierten - erzwungen durch die rechtsextreme Pro NRW-Fraktion - einen Abstimmungsmarathon bis fünf Uhr morgens und tagten damit 14 Stunden lang. Dass sie stoisch fast 40 Abstimmungen durchzogen, bot den Rechten die Stirn.

Was für eine Ratssitzung: Bis 5.05 Uhr hockte das Stadtparlament in der Nacht bei seiner längsten Sitzung der Geschichte mehr oder weniger wach beieinander. 14 Stunden Abstimmungsmarathon. Als die Stadtverordneten erschöpft im Morgengrauen ihre Sachen packten, lagen Deutschlands WM-Kicker schon Stunden friedlich schlummernd in den Federn.

Das Algerien-Spiel war längst nach Mitternacht abgepfiffen, da ging die Stadtpolitik in die nicht enden wollende Verlängerung - erzwungen wie berichtet durch die rechtsextreme Pro NRW-Fraktion, die geheime Wahlen für die Besetzung von Aufsichtsräten und anderen Gremien verlangt hatte.

Deutschland gewann mehr schlecht als recht 2:1. Die Ratsmannschaft machte, wenn auch mit tiefen Rändern unter den Augen, dagegen eine bessere Figur und ließ sich durch den Wahl-Marathon weder provozieren noch irritieren.

Rechter Block stimmte offenbar gemeinsam ab

Bei den geheimen Abstimmungen für die Besetzung von Aufsichtsräten und Gremien zeigte sich, dass der rechte Block offenbar gemeinsam abstimmte. Die acht Stimmen (4 Pro NRW, 3 AfD, 1 NPD) bescherten ihm Sitze in wichtigen Gremien, etwa bei den Stadtwerken. Auch im Polizeibeirat sitzt ein Vertreter.

Eine Liste von Linken und Grünen war kurzfristig geplatzt. Die CDU erhielt für ihre Listen offenbar Stimmen von FDP und der Fraktion JuDu/DAL

Dass er stoisch fast 40 Abstimmungen bis in den Morgen durchzog, bot den Rechten die Stirn: „Der Rat hat diszipliniert seinen Job gemacht und sich durch Destruktion nicht irritieren lassen“, lobt CDU-Fraktionsgeschäftsführer Rainer Pastoor. „Wir ziehen das jetzt durch“, gibt Oliver Hallscheidt, der bei der SPD die Fraktion managt, die Stimmung wieder. Eine Ratsfrau kam zur Sitzung eigens aus dem Urlaub geflogen und saß Dienstagmorgen um 8 Uhr nach Zähneputzen und Kleider wechseln wieder im Flieger.

Eis und Pizza im Ratssaal

Kurz nach Anpfiff in Brasilien brachte ein Pizzabote Stärkung in den Ratssaal, SPD-Mann Holger Börner versorgte die Genossen mit Kaffeebechern von McDonalds, die CDU kühlte das Mütchen innerlich mit spendierten Eisbechern; um Mitternacht – die Kicker hatten Krämpfe – stellte Rathaushausmeister Ralf Baum letzte Getränke und die Getränkekasse auf den Tisch und schickte die Damen an der Pforte nach Hause. Da lagen noch fünf Stunden vor den Stadtverordneten. Gummibärchen und Kinderschokolade brachten Nervennahrung, Zigaretten-Nachschub gab’s von der Nacht-Tankstelle. Bei der CDU nickte dem Vernehmen nach der Jüngste, Jörg Brotzki, zwischendurch ein.

Während des WM-Spiels versammelten sich Trauben um Handys und Tabletts, das 1:0 kurz vor Mitternacht wurde bejubelt, auch von CDU-Ratsherr Peter Ibe im Fan-Shirt. Nach dem WM-Adrenalin-Schub freilich war die Luft raus, machte sich Fatalismus breit. Da half auch nicht, dass die Spätschicht irgendwann in Zehner-Blöcken die Gremienwahlen für Gebag-Aufsichtsrat oder fürs Kuratorium Altenheim-Stiftung bündelte. Als dann zwischenzeitlich Pro NRW selbst schwächelte, blieb Oberbürgermeister Link knallhart: Das wird jetzt durchgezogen. Vier Stunden später saßen er und die Beigeordneten schon wieder bei der dienstäglichen Rathaus-Spitzenrunde beisammen.