Duisburg. . Ein Baum-Experte sieht den gesamten Duisburger Kastanien-Bestand gefährdet. Ulmen sind bereits einem Pilz zum Opfer gefallen. Auch Platanen sind pilzbefallen, die Rinde stirbt ab. Stadtbäume sind besonders anfällig.

Es steht nicht gut um Duisburgs Rosskastanien: Die empfindlicheren rotblühenden haben die Killerbazille Pseudomonas syringae und in ihrem Schlepptau die holzfressenden Pilze Austernsaitling und Samtfußrötling (schwacher Trost: beide sind essbar) schon hinweggerafft, jetzt sind zunehmend auch die etwas robusteren weißblühenden befallen. Die mörderische Baumseuche hat auch damit zu tun, dass Stadtbäume einen dauernden Überlebenskampf unter erschwerten Bedingungen führen.

2007 trat die Doppelattacke von Pilz und Bazille erstmals in Holland auf, berichtet Duisburgs Baumexperte Henning Hürten. Recht bald gab es erste Fälle auch in NRW. Die Kastanien bluten regelrecht aus der Rinde, das Holz wird morsch wie ein Schwamm.

Pilz zerstörte alle Ulmen in Duisburg

1000 der 50.000 registrierten Straßenbäume in Duisburg sind Rosskastanien (die zum Basteln, nicht die zum Essen). 170 rotblühende mussten bereits gefällt werden. „Ich weiß nicht, ob wir davon überhaupt noch welche haben“, sagt Hürten. 836 Kastanien führt er jetzt noch im Register – und auch für die sieht er schwarz. Stark befallen sind bereits die prächtige Allee an der Franzstraße mit 100 Bäumen und die etwas kürzere Reihe mit 40 Stämmen in der Rheinpreußen-Siedlung an der Mauerstraße. In Kürze will er dem Bezirksausschuss vorschlagen, die 80 bis 100 Jahre alten Alleen in mehreren Abschnitten zu fällen und komplett neu zu pflanzen. Einzelbäume in so einer Stammkompanie zu ersetzen, zerstört letztlich auch das Bild der Allee. Hürten geht davon aus, dass es in ein paar Jahren keine Kastanien mehr in Duisburg gibt – bis auf ein paar Einzelbäume vielleicht.

Die Kastanien trifft ein solches Schicksal indes nicht allein: Seit den 1980er Jahren hat der Pilz Ophiostoma (wird durch den Ulmensplintkäfer verbreitet) sämtliche Ulmen in Duisburg gemeuchelt. „Die letzten haben wir vor drei Jahren in Wanheimerort gefällt. Ich wüsste jetzt keine größere Ulme mehr in Duisburg“, sagt Hürten.

Bäume haben es nicht leicht in Städten

Platanen galten lange als idealer Stadtbaum: Ihre Blätter sind mit einer Wachsschicht überzogen, der Industriedreck in der Luft wurde mit dem Regen abgewaschen. Inzwischen kämpfen sie alle mit Blattbräune und dem Pilz Massaria, der Rinde absterben lässt.

Und aus Bayern wandert das Eschentriebsterben zu, das ebenfalls eine ganze Baumart bedroht. „Das führt wohl auch zum Absterben“, fürchtet Hürten.

Krankheiten und Pilzbefall treffen Stadtbäume meist ungleich härter als ihre wildlebenden Artgenossen, weil sie mit viel Stress zu kämpfen haben und entsprechend empfindlich sind. Verdichtete Böden und wiederkehrende Erdarbeiten lassen den Riesen kaum noch Luft, um ausreichende Wurzeln zu bilden. Ohne Wurzeln auch kein Wachstum in die Höhe und Breite. Hürten: „Es gibt Bäume in Duisburg, die wachsen einfach nicht, weil sie auf so kleinen Baumscheiben stehen. An der Albert-Hahn-Straße wurden vor 30 Jahren Linden gepflanzt, die sind immer noch dreieinhalb Meter groß. Eigentlich müssten die zwölf Meter hoch sein.“ Die meisten Bäume werden in der Stadt auch nicht alt: 70 Jahre gilt als Durchschnittsalter.

Hürten: „Ich bin froh, dass Bäume nicht laufen können. Denn dann wären die alle woanders. Aber nicht mehr bei uns in der Stadt . . .“