Duisburg. Bei der Fußball-WM in Brasilien beraten auch sieben deutsche Polizeibeamte die heimischen Sicherheitskräfte. Es gehe vor allem um eine Zusammenarbeit bei der Beobachtung und Einschätzung der Fan-Szene. Zwei von den entsendeten Polizeikräften arbeiten in Duisburg bei der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze.

Der Arbeitsplatz für einen Polizeibeamten aus Duisburg, der kann auch schon mal am Zuckerhut in Brasilien liegen: Zwar nur vorübergehend, denn sogar eine Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilein dauert nicht ewig – sie hat einen Anfang und auch ein fest definiertes Ende. Doch wen interessiert das Ende, wenn es für Uwe Ganz und Michael Stupp, zwei erfahrene Polizeibeamte der „Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS), mit Sitz bei der Landespolizei in Duisburg am Innenhafen, heute in zwei Wochen erstmal los geht ins Abenteuer „WM Brasilien“. Ein Job, den man auch nur einmal in einem Polizistenleben aufgetragen bekommt: Ganz und Stupp führen eine siebenköpfige Delegation von szenekundigen Polizeibeamten aus der Bundesrepublik an, die während der Fussball-WM in Brasilien (Auftakt am 12. Juni in Sao Paulo) die deutsche Fan-Szene mehr oder auch manchmal minder diskret beobachten sollen.

Mit Rat und Tat zur Seite stehen

Gleichzeitig werden sie den brasilianischen Sicherheitskräften vor Ort im Umgang mit der möglicherweise renitenten deutschen Fußballseele durchaus mit Rat aber ganz und gar nicht mit Tat zur Seite stehen. „Wir waren schon im Februar dieses Jahres drei Tage lang in Florianopolis“, sagt Ganz, „und haben dort das Sicherheitskonzept der Brasilianer präsentiert bekommen.“ Seit 1992 ist es Standard, dass die Bundesrepublik zur Unterstützung des Turnier-Gastgebers eigene Polizeibeamte entsendet, die vor Ort ein scharfes Auge auf die lieben Landsleute haben. „Die so genannten Ultras“, sagt Ganz, „die meiden kommerzielle Events wie eine WM, aber andere gewaltbereite Zeitgenossen trifft man eher bei Ligaspielen im Inland, als bei einer WM in Südamerika.“ Der ganze Reiseaufwand sei einfach viel zu teuer - Randale machen geht viel preiswerter zu Hause, im eigenen Revier. Und doch muss deutsche Polizei präsent sein.

Lage- und Informationszentrum in Brasilia

In der Hauptstadt Brasilia werde es ein großes Lage- und Informationszentrum geben, in dem sämtliche Polizeikräfte aus allen 32 Teilnehmerländern der WM untergebracht sind. Hier sitzt dann Michael Stupp mit zwei Kollegen und macht ab Pfingstmontag regelmäßig Meldung nach Duisburg ins ZIS. Nachrichten, die dann weitergereicht werden nach Berlin ins Innenministerium. Stupp: „Und wir bekommen aus Duisburg nach Brasilien eine deutsche Inlandslage gemeldet, was in Fußball-Deutschland aktuell passiert, wo und warum beim Public Viewing oder bei Autokorsos was vorgefallen ist.“ Denn Gefühle und erst recht Aggressionen können mit Hilfe von Twitter, Facebook und Co. blitzschnell über die Kontinente schwappen.

Derweil ist Kollege Uwe Ganz mit mobilen Teams unterwegs, vor Ort an der Spielorten von Jogis Mannen. „Wir haben eigene Augen, Ohren und Wahrnehmungen“, sagt Ganz,, „wir können auch mal Missverständnisse ausräumen.“ Wenn deutsche Fans im Stadion nach vorne rennen, würden sie nie das Spielfeld erstürmen. Oder wenn der deutsche Fan, halb nackt, lautstark, angetrunken auf einem Marktplatz grölt, ist die brasilianische Gefängniszelle nicht mehr weit. „Unser Job ist zwischen der Polizei in Brasilien und den deutschen Fans zu vermitteln.“ Sie sind nicht eingriffsbefugt und haben auch keine Waffen.

Ausreiseverbote noch nicht bekannt

56.000 Tickets sind nach Angaben des DFB an Deutsche verkauft worden. „Das sind 7500 bis 8000 Fans vor Ort“, sagt Ganz. Etwa ein Prozent davon, also rund 80 bis 100 seien „schwierige Klienten.“ Manche von ihnen haben bereits in Deutschland eine Gefährdungsansprache erhalten. Ausreiseverbote für besonders hartnäckige „Fans“ waren der ZIS gestern indes (noch) nicht bekannt. Wenn Problem-Typen aber, weit von zu Hause, deutsche Polizei und Schwarz-Rot-Gold am Ärmel sehen, ist deren Anonymität und somit auch ein Teil ihrer Gewaltbereitschaft futsch. „Polizei und Hardcore-Fans kennen sie ja gegenseitig“, sagt Ganz, „das sorgt auch für Deeskalation.“