Duisburg. . Wer lange trank und endlich trocken ist, hat nur die eine Hälfte des Wegs geschafft. Die andere heißt: Abstinent bleiben. Damit das gelingt, gibt es in Duisburg TAbs, ein Angebot für mehr Tagesstruktur. Damit keiner vor Langeweile auf dumme Gedanken kommt.

Aus dem linken Backofen duftet es bereits nach Kuchen, auf dem rechten Herd köchelt die Füllung für die Gemüselasagne und verführt die Nase mit einer leichten Zwiebelnote. Einer rührt, einer spült, einer schnippelt - und dazwischen trinken sie Kaffee, quatschen, und freuen sich auf das gemeinsame Abendessen: Kochrunde im TAbs.

„TAbs“ steht für „Tagesstruktur und Abstinenz“ und bietet Menschen tagesgestaltende Aktivitäten an, die sucht- oder psychisch krank sind und ambulant betreut wohnen. Die also allein leben, meist keine Arbeit haben und mit sich und ihrer Zeit wenig anzufangen wissen. Erst vor wenigen Wochen wurden die Räume an der Mülheimer Straße eröffnet, einige der Angebote gab es zuvor im Haus Werth der AHG, dem Träger des TAbs. Dort sah man, dass viele Menschen nach langer Suchterfahrung Probleme haben, ihren Tag rumzukriegen, Kontakte zu pflegen. Und das gilt nicht nur für die Klienten der AHG. Das TAbs will sich auch für Klienten von kleineren Anbietern des Ambulant Betreuten Wohnens öffnen, dafür wird gerade die Werbetrommel gerührt. Die Finanzierung übernimmt dann der LVR.

Kreativangebote mit Holz und Ytong

„Wenn Menschen auf sich zurückgeworfen sind, können sie auf dumme Gedanken kommen, wir wollen mit unserem Angebot die Rückfallgefahr minimieren“, erklärt Bernhard Bihn. Er ist eigentlich Steinbildhauermeister und Informatiker - all sein Wissen kommt künftig den Besuchern des TAbs zugute, denn Bihn wird für viele der Kreativangebote verantwortlich zeichnen.

Betreuung und Rehabilitation

Träger des TAbs ist die Allgemeine Hospitalgesellschaft mit Sitz in Düsseldorf, die in elf Bundesländern über 40 Kliniken, Ambulanzen und Therapiezentren betreibt.

Das AHG Adaptionshaus TPR Duisburg kümmert sich um medizinische Rehabilitation und die Wiedereingliederung Suchtkranker in den Arbeitsmarkt. Hier gibt es 28 stationäre Plätze sowie rund 60 im Ambulant Betreuten Wohnen.

Das Haus Werth ist ein Soziotherapeutisches Zentrum zur stationären Langzeitbetreuung von alkohol- oder medikamentenabhängigen Menschen mit 28 stationären Plätzen und 15 im Ambulant Betreuten Wohnen. Weitere Infos: www.ahg.de, Kontakt: 49 203 31763-0.

Aktuell besucht er die potenziellen Klienten, lernt ihre Interessen und Vorlieben kennen, will daraus passende Angebote stricken - kreative Arbeiten mit Holz, Speckstein oder Ytong, Malerei auch - „es muss hier aber erst mal dreckig werden“, betont Bihn angesichts der schön renovierten hellen Räume, die noch so gar nicht nach Werkstatt aussehen. Ausflüge, Film- und Spielabende sind geplant, erzählt seine Kollegin Bianca Jung, dienstags gibt es ein Café, den Kuchen dazu backt die Kochgruppe montags. Bald soll jeden Tag Leben in der Bude sein, hoffen Bihn und Jung. Die Diplom-Sozialpädagogin hat schon im Haus Werth gekocht und die Bedeutung erkannt: Mal nicht allein essen müssen, was gesundes kochen, überhaupt einen festen Termin am Tag haben. Gerade hat sie drei Rezepte im Blick - Lasagne, Buchteln zum Dessert und den Kuchen für den nächsten Tag koordiniert sie.

Der langjährige Alkoholmissbrauch hat bei vielen der Klienten Spuren hinterlassen, körperlich wie seelisch. Einer frohlockt, dass er jetzt nur noch abhängig ist von Käsekuchen. Aber Horst Müller macht sich nichts vor. Er trank seit der Schulzeit, hat sich nie um irgendwas gekümmert, „das wird sich auch nicht mehr ändern“. Der 58-Jährige rührt gewissenhaft die Eischneemasse in den Teig. Zwar ist er seit zehn Jahren trocken, aber ohne Unterstützung der AHG würde es nicht gehen, sagt er. Und fügt Kakao hinzu.