Duisburg. Die Universität Duisburg zeigt am dritten Jahrestag des Fukushima-Unglücks eine gewaltige Bilderschau, die dem verzweifelt-optimistischen Lebensgefühl an der japanischen Küste nachspürt. Die Ausstellung ist bis zum 22. Juli täglich von montags bis freitags geöffnet.

Der Blick in die Katastrophe nach der Katastrophe ist schonungslos. Längst gesättigt von immer gleichen Fernsehbildern, von Wassermassen, die unaufhaltsam Menschen und Dörfer unter sich ersticken, danach die Männer in den Strahlenschutzanzügen in Fukushima, wird der Betrachter der aktuellen Fotoausstellung am Ostasien-Institut nun viel direkter mit der menschlichen Dimension dieser Jahrhundert-Katastrophe konfrontiert.

Da ist die Bäuerin in der Evakuierungszone von Fukushima, die wie alle Anwohner ihre Zuchtrinder zum Keulen weggeben muss. Als ihre Kuh aus dem Stall zum Transporter geführt wird, bittet die Bauerfrau das Tier zum Abschied mit einer Berührung um Verzeihung – und weint. Auch die Nahaufnahme eines Pferdeauges, voller Tränen, fasst das Schicksal in Großdruck zusammen: Das Tier ist um Haaresbreite dem Wasser entkommen, um jetzt in der Evakuierungszone auf den Hungertod zu warten.

116 Bilder werden ausgestellt

116 Bilder stellt das Institut ab heute aus. Gegliedert ist die Bilderschau in drei Teile und auf drei Etagen. Wer am Anfang beginnen möchte, lässt auf der 7. Etage des Hauses die Eindrücke der Katastrophe auf sich wirken. Eindrucksvoll, durch die Augen von Foto-Amateuren und Profis festgehalten, zeigen die Fotografien jene Minuten und Tage, in denen erst das Erdbeben, dann der Tsunami und schließlich die Kernschmelze Familien an der japanischen Ostküste überrollen. Teil 2 zeigt die betroffenen Orte vor dem Unglück – 50 Jahre Idylle, in der Menschen unbeschwert mit Fischfang und Landwirtschaft leben. Eine dieser Szenen fängt auch eine Anti-Atomkraft-Demo ein.

Austausch willkommen

Die Foto-Ausstellung „Ikuru - weiterleben“ wird am heutigen Jahrestag von Fukushima um 17 Uhr am Ostasien-Institut, Forsthausweg, Gebäude LE, Etagen 5-7, eröffnet.

Tokika Kiyota vom Japanischen Kulturinstitut Köln und Uni-Professor Winfried Flüchter führen zur Eröffnung in die Wanderausstellung ein und zeigen einen fünfminütigen Film.

Bis zum 22. Juli ist die Fotoausstellung täglich, von montags bis freitags, 9 - 17 Uhr, im Institut zu besichtigen. Der Eintritt ist kostenfrei. Austausch mit Studenten vor Ort ist willkommen und erwünscht.

Der letzte Abschnitt dürfte für viele der verblüffendste sein: Dutzende Bilder porträtieren die Überlebenden, wie sie fröhlich nach der Katastrophe feiern. Frauen sitzen inmitten der Trümmerwüste auf Fundamentresten ihrer Häuser und zelebrieren ihr Überleben beim Tee-Plausch. Sie stapfen an blühenden Kirschbäumen vorbei, gehen unverdrossen ihrem Alltag nach, fotografieren die Kinder zur Einschulung: Es sind Menschen, die das Lachen nicht verlernt haben und auf eine bessere Zukunft hoffen. Dieser Teil gibt der Ausstellung auch ihren Namen: „Ikuru – weiterleben“. In den einleitenden Worten zum Ausstellungskatalog schreibt Autor Shizuka Ijuin dazu: „Wir sollten das Gefühl, überlebt zu haben, festhalten, und uns klar machen, wie wunderbar es ist zu leben.“

Auf den Gegensatz zwischen der dramatisierten Katastrophe in der deutschen und der verharmlosten Katastrophe in der japanischen Presse will Kulturgeograf Prof. Winfried Flüchter heute in seiner Eröffnungsrede eingehen.