Duisburg. Aus Platzgründen kann die Verhandlung um die Katastrophe offenbar nicht in Duisburg stattfinden, sondern soll auf das Messegelände der Landeshauptstadt ausweichen. Unterdessen haben die Eltern von zehn Opfern in einem offenen Brief beklagt, dass wichtige Verantwortliche nicht vor Gericht stünden.
Der Prozess um die Loveparade-Katastrophe soll aus Platzgründen im Kongresszentrum CCD Ost auf dem Düsseldorfer Messegelände stattfinden. Eine entsprechende Vereinbarung wurde unterzeichnet, teilte das Duisburger Landgericht gestern mit. Da über die Zulassung der Anklage formal noch nicht entschieden ist und damit auch keine Termine feststehen können, hat das Gericht die Räumlichkeiten pauschal für 50 Tage angemietet. Kosten inklusive Technik und Personal: 14.000 Euro pro Verhandlungstag. Sollte das Verfahren widererwartend nicht eröffnet werden, sei eine Stornierungspauschale in Höhe von 111.000 Euro fällig.
Der Saal biete 450 Menschen Platz. Neben zehn Beschuldigten und 14 Verteidigern könnten sich an der Hauptverhandlung neben den bisher mehr als 80 Antragstellern und ihren Anwälten weitere Verletzte und Hinterbliebene als Nebenkläger beteiligen.
Eltern der Opfer enttäuscht über Anklage
Zwei Wochen nach Abschluss der Ermittlungen zur Loveparade-Katastrophe und der daraus resultierenden Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft Duisburg gegen zehn Beschuldigte (wir berichteten) haben sich unterdessen die Eltern von zehn Todesopfern in einem offenen Brief zu Wort gemeldet. Sie möchten auf diesem Weg ihre große Enttäuschung zum Ausdruck bringen, weil die aus ihrer Sicht Hauptverantwortlichen für das Desaster vom 24. Juli 2010 juristisch nicht belangt werden.
„Es wurden nur jene der zweiten bzw. dritten Ebene zur Verantwortung gezogen, die für uns unbekannt sind, aber nicht die Hauptverantwortlichen, die für die Veranstaltung zuständig waren und nichts zur Vermeidung der Tragödie beitrugen“, klagen die Eltern. Stattdessen machen sie den Geschäftsführer des Veranstalters Schaller, Ex-OB Sauerland, Ordnungsdezernent Rabe und die Polizei verantwortlich.
Unverständnis für die Angeklagten-Auswahl
Die Vorwürfe im Einzelnen: Schaller habe den zu erwartenden Gewinn der Open-air-Party über die Sicherheitsvorkehrungen von mehreren tausend jungen Menschen gestellt, heißt es in dem Schreiben, das in deutscher und spanischer Sprache verfasst wurde und das der WAZ vorliegt.
Sauerland habe sich dem Druck und der Habgier des Veranstalters untergeordnet und auf institutioneller Ebene grünes Licht zu einem gefährlichen Event gegeben. Dabei hätte er in seinem Amt doch eigentlich ein Garant für die Sicherheit aller Bürger sein müssen.
Eltern erheben Vorwürfe
Die Eltern werfen Sicherheitsdezernent Rabe vor, massiven Druck auf die jetzt Angeklagten ausgeübt zu haben. Und die Einrichtung der Polizeiketten auf jener Rampe, die als Ein- und Ausgang zum Loveparade-Gelände diente, seien mitverantwortlich für das tödliche Gedränge gewesen.
„Unsere Kinder, die keine Schuld daran trugen, fanden den Tod auf dem Höhepunkt ihres so jungen Lebens. Die Verantwortlichen führen im Gegensatz dazu weiterhin ein ruhiges und beschauliches Leben. Und sie werden weiterhin in Ruhe leben, sollte das Unrecht nicht behoben werden und sie auf die Anklagebank gebracht werden. Die gegenwärtige Situation erscheint uns daher als untragbar“, klagen die Eltern. Zudem bemängeln sie, dass ihre Anwälte nicht gleichberechtigt am Ermittlungsverfahren teilnehmen durften. Die Rechtsbeistände der Beschuldigten hätten größeren Einfluss gehabt.