Duisburg. Der Namensexperte Holger Stockmann ist im Duisburger Ordungsamt für Namensänderungswünsche verantwortlich. Rund 100 Bürger wollen jährlich ihren Namen ändern: Neben kultureller Anpassung spielt auch die Zuwanderungsgeschichte Duisburgs eine Rolle. Eine peinliche Vergangenheit aber reicht nicht aus.

Rund 100 Bürger tragen jedes Jahr ihre Familiengeschichte in Form von ein paar Buchstaben zu Holger Stockmann ins Ordnungsamt: Sie wollen etwas ändern, das man sich eigentlich nicht aussuchen kann, nämlich ihren Namen.

„Es liegt in der Natur der Stadt, dass wir hier mehr Namensänderungen haben als andere Kommunen“, sagt der Experte, „darin spiegelt sich die vielschichtige Zuwanderungsgeschichte Duisburgs wieder.“ 80 Prozent seiner Fälle sind Anpassungen von Namen nach Einbürgerungen. „In Sri Lanka oder arabischen Ländern gibt es oft keine Vor- und Zunamen, sondern nur Ketten von Namen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden“, erläutert Stockmann.

In Deutschland kaum brauchbar

Ibrahim Mohamed Mohamed wäre so ein Fall: Ein wohlklingendes Konstrukt, das die Namen der Väter verewigt, in Deutschland aber kaum brauchbar ist: „In den Personalausweis müssten wir beim Vornamen ein * setzen“, sagt er, „was an anderen Stellen neue Irritation provoziert.“ Man rate Zuwanderern in diesem Fall dazu, sich für Vor- und Familiennamen zu entscheiden. Meistens würden sie sogar von sich aus auf den Namensexperten zukommen. Den Pass mit Namen nach deutschen Lesart gibt es dann gleich am Tag der Einbürgerung.

„Unser Namensrecht ist strikter als in den USA oder Großbritannien“, weiß er, „wir legen wert auf Namenskontinuität, Abstammung und Wiederfindbarkeit.“ Die Gesetze stammen aus dem Jahr 1938.

Kulturelle Anpassung ist einfach

Manche kulturelle Anpassung ist einfach: Die deutsche Geschäftsfrau, die viel international unterwegs ist, kann sich das im Ausland unbekannte ß im Namen zu ss umwandeln lassen. Bei einem Piotr Meierow aus Osteuropa liegt Peter Meier nahe. Und mancher Kurde, der seinen kurdischen Namen in der Türkei nicht führen durfte, lässt ihn sich in Duisburg beim Ordungsamt problemlos eintragen.

Umsonst ist auch ein neuer Name nicht

In einfachen Fällen berechnet das Ordnungsamt 280 Euro pro Änderung. In komplizierten Fällen, etwa bei Nachnamen von Kindern zerstrittener Eltern, kann’s auch 850 Euro kosten.

Die seltensten Vornamen, die 2013 in Duisburg beurkundet wurden, sind Ylvi, Lelani, Aurelio und Sharon. Die Standesämter haben vergangenes Jahr keinen Wunsch-Vornamen abgelehnt.

Schwieriger wird es bei den übrigen 20 Prozent der Namenswünsche, jeder von ihnen ein interessanter Einzelfall. Wer „Schweißfuß“ heißt, in der Schule immer gehänselt wurde und den eigenen Kindern dieses Los ersparen möchte, der hat bei Stockmann noch gute Karten: „Aus Herrn Schweißfuß können wir einen Herrn Fuß machen.“ Ansonsten müssen schwerwiegende Gründe für einen neuen Namen vorliegen -- Traumata familiärer Gewalt in der Kindheit etwa. Eine Bescheinigung vom Therapeuten ist in dem Fall nötig.

Abwägen und Prüfen von Gründen

Eine peinliche Vergangenheit allein reicht nicht. Klaus Zumwinkel hätte schlechte Chancen, mit einem neuen Namen ein neues Leben zu beginnen; Aussteiger aus der Rocker-Szene, die vor ihrer alten Clique geschützt werden müssen, schon eher. Jeder Änderungswunsch zieht ein Abwägen und Prüfen von Gründen nach sich. Mit dem Wunsch nach einem Adelstitel – alles schon vorgekommen – braucht man Stockmann allerdings gar nicht ins Büro platzen. Bei peinlichen Zweitnamen wie Jasmin Irina Fischer empfiehlt Stockmann diskretes Schweigen: „Denn Löschen werden wir auch zweite Vornamen nie.“ Mit Holger ist er übrigens ganz zufrieden.