Duisburg. . Ali Osman, Ex-Chef des Satudarah MC, hat ein umfassendes Geständnis abgelegt und die Beteiligung an mehreren Verbrechen gestanden. Dieser Deal begrenzt sein Strafhöchstmaß. Osman begründet den Bruch des Rocker-Ehrenkodex mit einer Krankheit seines Sohnes. Der Rocker will aus dem Milieu aussteigen.

Im Duisburger Rocker-Prozess hat Yildiray K. - besser bekannt als "Ali Osman" - den "Rocker-Ehrenkodex" gebrochen und ein umfassendes Geständnis abgelegt. Bereits im November und Dezember räumte der ehemalige Präsident des Motorradclubs Satudarah MC an neun Terminen bei der Polizei die Beteiligung an mehreren Straftaten ein.

In dem Geständnis, das Osmans Verteidiger Klaus Spiekermann am Dienstag vor dem Landgericht Duisburg verlas, begründete der 38-Jährige seinen Sinneswandel mit einer lebensgefährlichen Erkrankung seines Sohnes. Diese habe ihm keine andere Wahl gelassen, als den Rocker-Ehrenkodex zu brechen. Der Junge, der wohl an Krebs erkrankt ist und dem mehrere Operationen bevorstehen, brauche nun seinen Beistand.

Wertvolle Erkenntnisse im Kampf gegen Satudarah-Rocker

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Die leitende Ermittlerin der Duisburger Polizei, die am zweiten Verhandlungstag gehört wurde, nannte Osmans Geständnis "glaubwürdig" und "sehr wertvoll" für die weiteren polizeilichen Nachforschungen. Er gab nicht nur Einblicke in seine eigenen Tatbeiträge, sondern nannte auch Lieferanten und Abnehmer für die Drogengeschäfte des Satudarah MC. Das habe es bis jetzt noch nicht gegeben, dass der Präsident einer Rockergruppe so nachhaltig auspacke und Strukturen im Rockermilieu offenlege, sagte die Kriminalbeamtin aus. So seien auch die niederländischen Ermittler dank dieser Aussagen hochrangigen Satudarah-Mitgliedern des Motherchapters auf der Spur, gegen einen werde unter anderem wegen dreifachen Mordes ermittelt.

"Das sind hochgefährliche Leute gegen die mein Mandant ausgesagt hat", bestätigt der Verteidiger des 38-Jährigen. "So wie ich die Polizei verstanden habe, sieht sie ihn als gefährdet an." Nicht umsonst eskortieren SEK-Beamte den "Kronzeugen" Osman mit schusssicherer Weste zur JVA. So geht Anwalt Spiekermann auch davon aus, dass für seinen Mandanten Zeugenschutz und eine neue Identität notwendig sind.

Satudarah-Anhänger verlassen Gerichtssaal

Insgesamt 11 von 15 Anklagepunkten räumte Osman ein: Drogenschmuggel und Verstöße gegen Waffengesetze. Seine Club-Kameraden quittierten das auf unmissverständliche Weise: Kaum hatte der Angeklagte den Vortrag der Verteidigung als seine eigene Einlassung bestätigt, standen zehn Männer im Zuschauerraum auf und verließen demonstrativ den Gerichtssaal. Der Satudarah MC hat augenscheinlich mit seinem ehemaligen Präsidenten gebrochen und ihn fallen gelassen.

Zuvor hatte der Vorsitzende das Resultat der Rechtsgespräche bekannt gegeben, die die Juristen nach dem ersten Verhandlungstag am Freitag geführt hatten: Für den Fall, dass Yildiray K. einen Großteil der Anklage einräumt, hat er eine Strafe zwischen sechs Jahren drei Monaten und siebeneinhalb Jahren zu erwarten.

Familie steht unter Polizeischutz

Yildiray K. - seine Familie steht unter Polizeischutz - gab auch zu, indirekt für die Schüsse auf einen Kiosk in Beeck verantwortlich zu sein. Ziel sei eigentlich der bei den Hells Angels aktive Schwager seines damaligen Sergeants Christian J. gewesen - inzwischen auch in Haft und wertvoller Informant der Polizei. Den Handgranatenwurf auf ein Vereinsheim der Hells Angels in Rheinhausen bestreitet „Ali Osman“ allerdings: „Damit hatte ich nicht zu tun.“

Nach seiner Haftentlassung wolle Ali Osman aus dem Milieu aussteigen und nicht mehr Mitglied eines Rockerclubs sein. Zudem plane er einen Drogenentzug. Seit seiner Jugend ist Osman, der im Duisburger Westen aufwuchs, drogenabhängig. Ohne Kokain hätte er "die Satudarah-Zeit nicht geschafft, bei Satudarah muss man stark sein", sagte Yildiray K. seinerzeit bei der Polizei aus. Inwiefern der Drogenkonsum Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit des Angeklagten und ein späteres Urteil hat, bleibt abzuwarten.

Satudarah-Chefs in Duisburg vor Gericht

Ein großes Polizeiaufgebot sicherte den Platz rund um das Landgericht Duisburg. Auch auf dem Dach des Citypalais waren Beamte postiert. Die Stadt hatte vor dem Prozess ein Kutten-Verbot verhängt.
Ein großes Polizeiaufgebot sicherte den Platz rund um das Landgericht Duisburg. Auch auf dem Dach des Citypalais waren Beamte postiert. Die Stadt hatte vor dem Prozess ein Kutten-Verbot verhängt. © Stephan Eickershoff/ WAZ FotoPool
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Polizei befürchtete offenen Rockerkrieg in Duisburg 

Auch für Baris T. wurde eine Absprache getroffen: Er muss mit einer Haftstrafe zwischen fünf Jahren neun Monaten und knapp sieben Jahren rechnen. Sein Verteidiger betonte in diesem Zusammenhang nachdrücklich, dass sein Mandant bislang keine Dritten belastet habe und dies auch zukünftig nicht tun werde. Das Geständnis T.’s fiel denn auch eher pauschal aus: Er räumte absprachegemäß mehrere Taten ein, darunter auch die Schüsse auf ein Auto, in dem am 5. August 2012 auf der Düsseldorfer Landstraße in Buchholz ein Hells Angel gesessen hatte. Ein Zeuge und auch der Fahrer des Wagens hatten den 25-Jährigen eindeutig identifiziert.

Prozess gegen Satudarah-Chefs

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    Diese Tat und auch die beiden Handgranaten-Anschläge im August 2012 waren für die Ermittler die "ersten Highlights" nach dem Patch over der Duisburger Rocker zu Satudarah. Zwischenzeitlich befürchtete die Polizei in der Stadt sogar einen offenen Rockerkrieg, so die Chefin der Ermittlungskommission vor Gericht.

    Rheinhauser schon vorher im Visier der Ermittler

    Ins Visier der Ermittler waren die Rheinhauser Rocker übrigens schon vor dem Zusammenschluss mit dem niederländischen Satudarah MC geraten. Nach ersten Hinweisen eines Informanten des LKA Niedersachsen ermittelte die Duisburger Polizei wegen Drogenhandel zunächst gegen Baris T. später auch gegen Yildiray K. und weitere Mitglieder der Rockergang.

    Am Freitag hatte der Prozess gegen die ehemaligen Satudarah-Chefs Yildiray K. und Baris T unter massiver Polizei-Präsenz vor dem Landgericht Duisburg begonnen. Angeklagt sind die beiden Granden des Rockerclubs unter anderem wegen eines Sprengstoffanschlags sowie Drogen- und Waffenhandels.


    — DerWestenDU (@DerWestenDU) 21. Januar 2014

    Keine Verstöße gegen das Kuttenverbot in Duisburg

    Laut Polizeiangaben blieb vor dem Gerichtsgebäude am zweiten Prozesstag alles ruhig. "Es hat sich niemand so verhalten, dass wir Maßnahmen treffen mussten", sagt Sprecherin Daniela Krasch. Anders als beim Prozessauftakt habe es diesmal auch keine Verstöße gegen das von der Stadt verhängte Kuttenverbot gegeben. Gegen Mittag fuhr die Polizei ihre Präsenz vor dem Landgericht auch zurück.

    Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen wurde Osman nach Verhandlungsende gegen 14 Uhr zurück in die JVA Düsseldorf gebracht. Donnerstagfrüh geht es mit den persönlichen Angaben von Baris T., weiteren Zeugen und einem Gutachter im Landgericht weiter. Ein Urteil könnte bereits am kommenden Dienstag gesprochen werden.