Duisburg. .

„Wenn ich ein Mädchen bekomme, geht sie auf jeden Fall aufs Hildegardis-Gymnasium“, zitiert der neunjährige Luca seine Mutter mit einem Satz aus der Zeit vor seiner Geburt. Luca geht momentan noch auf die Mozartschule. Ab Sommer möchte er zum katholischen Gymnasiums gehen. Damit würde er zu den Pionieren gehören, denn zum ersten Mal nimmt das Hildegardis auch Jungen auf. Seine Mutter freue sich über die neu geschaffene Möglichkeit, so der aufgeweckte Junge weiter – und Angst vor einer Übermacht an Mädchen hat er keine.

Am Samstag öffnete das Hildegardis-Gymnasium zum zweiten Mal binnen weniger Wochen seine Tore zum Tag der offenen Tür. Schülerinnen der siebten Klassen empfingen interessierte Besucher und führten sie durch die Schule. Anders als in der über 100-jährigen Geschichte ließen sich an beiden Tagen erstmalig auch Jungs wie Luca die Klassenräume zeigen.

"Jungen eher als Bildungsverlierer"

Schulpflegschaftsvorsitzende Britta Schneider-Dahm schildert das Umdenken, das stattgefunden hat: „Anders als noch vor 50 Jahren gelten heute eher die Jungen als Bildungsverlierer, nicht mehr die Mädchen. Auch ihnen die gute Ausbildung anzubieten, war einstimmiger Beschluss.“

Bisher war die Nachfrage groß. „Es kristallisiert sich heraus, dass der Bedarf wohl etwas höher ist als das Angebot von etwa 30 Plätzen“, so Schulleiter Christoph Oster. Ungefähr Mitte Februar endet die Anmeldephase. Oster freut sich gemeinsam mit dem Kollegium auf die im Sommer beginnende Lernphase, die mit den Jungen gemeinsam bestritten wird. Das vor einem halben Jahr angestoßene Konzept, Mädchen und Jungen bis auf Ausnahmen in der Unterstufe dabei getrennt zu unterrichten, ist wissenschaftlich fundiert. Oster will sich aber vor allem vom Alltag leiten lassen. Vertrauen genießt er dabei seitens der Schülerinnen.

Bewusst für Mädchen-Gymnasium entschieden

Hanna Pesch aus der neunten Klasse meint: „Im Laufe der Zeit wird ­sicher ein gutes Konzept entstehen.“ Jedoch sagt sie auch, dass ohne Jungen gut zu lernen war und sie sich ganz bewusst für das Mädchen-Gymnasium entschieden hat. „Die Schule hat einen super Ruf, ich hoffe er leidet nicht, wenn wir Jungs aufnehmen.“ Eine Frage, die erst in Zukunft beantwortet werden kann. Ebenso wie die nach dem neuen Schul-Klima in gemischt unterrichteten Fächern, in der Oberstufe und auf dem Pausenhof.

Die Verantwortlichen sind von der Neuerung überzeugt und scheinen auf dem richtigen Weg. Lucas Grundschulfreund Simon (9) freut sich mit seiner Zwillingsschwester Jana gemeinsam auf eine Schule gehen zu können. Dabei in getrennten Klassen zu lernen, ist ihm aber auch ganz lieb. „Meine Schwester ärgert mich manchmal ganz schön“, sagt er. Simons Vater nickt: „Bei unseren Zwillingen bedeutet Lernen zwei verschiedene Welten.“ Zwei Welten denen das Hildegardis-Gymnasium ab jetzt abseits von strikter Geschlechtertrennung gerecht werden will.