Duisburg.
Milka Oreskovic schaut prüfend über ihre Brille. „Ach, der Anwalt. Der braucht nur zehn Minuten, muss wahrscheinlich zum Gericht – und ist dann wieder weg“, sagt sie, und macht einen Strich auf ihrer Liste. Seit 16 Jahren ist sie Parkplatzwächterin in Duissern.
Den Job hat sie damals über eine Zeitungsannonce gefunden. Die 61-Jährige weiß genau, wer wann zur Arbeit geht oder wer einfach nur parkt, weil er in der Stadt bummeln möchte. 90 Stellplätze gibt es auf der Fläche an der Saarstraße/Ecke Kardinal-Galen-Straße. 80 davon sind an Dauerparker vermietet. Es könnten noch mehr sein, denn jeden Tag kommt jemand – und wäre froh über einen festen, innenstadtnahen Parkplatz.
In ihrem Büro, einem alten Caravan, ist es muckelig warm. Auf der kleinen Anrichte steht eine Kerze, umrahmt von zwei Porzellan-Katzen. Für die Vorweihnachtszeit gibt’s Teelichter mit Weihnachtsmotiven. Wenn die Meidericherin den halben Tag hier sitzt, soll es gemütlich sein.
Die erste Stunde kostet einen Euro, jede weitere 50 Cent
Betreiberin des Parkplatzes am Duisserner Kreisverkehr ist die „VWU Gesellschaft für Park- und Verkehrsübungsplätze“. Sie hat das Gelände von der Stadt Duisburg gepachtet. Zehn Stellplätze sollen frei bleiben für Kunden, die spontan vorbeikommen.
Die erste Stunde kostet einen Euro, jede weitere Stunde 50 Cent. Ein Tagesticket ist für fünf Euro zu haben. Auch Leute, die in die Stadt zur Königstraße wollen, nehmen den Parkplatz gerne in Anspruch, bevor sie ins, oft teurere, Parkhaus fahren müssen.
Vor ihr steht ein Kasten voller Listen und Papiere, zudem ein Stempel mit eingebauter Uhr. Milka Oreskovic behält bei der Zettelwirtschaft den Überblick. Sie führt Strichlisten für die Statistik, notiert Kennzeichen, gibt Parktickets heraus. Seit sieben Uhr sitzt sie in dem Wohnwagen und wartet auf Kundschaft. Am Monatsanfang gibt’s viel zu tun – die Dauerparker müssen die Miete bezahlen. „Ach, ist der Monat wieder rum?“, fragt ein Autofahrer überrascht. Die 61-Jährige lächelt und antwortet: „Klar, wenn’s ums Bezahlen geht, vergeht ein Monat ruckizucki.“ Sie reicht ihm die Karte. „Ich wünsche einen schönen Tag.“
Rätselheft für ruhige Minuten
Milka Oreskovic kennt nicht nur Kennzeichen und Autos, sondern auch die Fahrer. Ein neuer Pkw rauscht an. Er gehört einer AOK-Mitarbeiterin, die ins Büro zur Falkstraße muss: „Ach, jetzt kommt sie mit Ersatzauto, weil das alte in die Werkstatt muss.“ Sie weiß, dass einige lieber ein Tagesticket kaufen, damit sie in der Mittagspause kurz nach Hause fahren können und dass montags ein paar mehr kommen, weil dann am Amtsgericht Hochbetrieb ist.
Und wenn eigentlich jemand das Landgericht sucht, erklärt sie ihnen auch den Weg. „Ist hier noch ein Plätzchen frei?“, fragt ein älterer Herr, bevor er auf das Gelände fährt. Sie ist um eine Antwort nicht verlegen. „Klar, ich bekomm’ noch ne ganze Hochzeitsgesellschaft unter.“ Nur einmal hat jemand versucht, ohne zu bezahlen, abzuhauen. Da hat sie sich mutig in den Weg gestellt.
Für die stillen Minuten um die Mittagszeit hat die gebürtige Kroatin stets ein Rätselheft und die Tageszeitung parat. Langweilig wird’s nie. Mittags kommt denn auch die Ablösung. Sie steigt in ihren Wagen. Den Parkplatz gibt’s frei Haus zum Job dazu.