Duisburg. . Etwa 80 Musiker der Duisburger Philharmoniker beteiligten sich am Montagvormittag an einer Protestaktion in der Duisburger Innenstadt. Zu diesem Warnstreik hatte die Deutsche Orchestervereinigung bundesweit aufgerufen, rund 100 Orchester machten mit. Im Tarifstreit geht es um ausbleibende Lohnanpassungen.

Trompete und Posaune statt Trillerpfeife: Die Duisburger Philharmoniker bewiesen am Vormittag, dass auch eine Demonstration ein Genuss für die Ohren sein kann. Bei ihrem Protestzug durch die Innenstadt spielten einige der 80 Musiker auf ihren Instrumenten Klassisches und Modernes. Hinzu kamen ihre knallgelben Westen mit der Aufschrift „Streik“. Die Aufmerksamkeit der staunenden Passanten in der City war ihnen also gewiss.

Die Deutsche Orchestervereinigung, in der rund 95 Prozent aller 8500 Orchestermusiker in Deutschland organisiert sind, hatte ihre Mitglieder zur Teilnahme am gestrigen Warnstreik aufgerufen. Heute steht in Berlin die nächste Runde in den Tarifverhandlungen auf dem Programm. Und die Spitzenmusiker fühlen sich arg benachteiligt.

Sorge um die Orchester-Landschaft

„Für uns hat es seit Januar 2010 keine Lohnanpassung mehr gegeben“, berichtet Annelie Haenisch-Göller. Die 50-Jährige spielt seit 1989 die Viola bei den Duisburger Philharmonikern und zählt zum fünfköpfigen Orchestervorstand. Sie kritisiert, dass im selben Zeitraum alle anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes 8,8 Prozent mehr Geld erhalten hätten, wenn man die Zinsen mit dazurechnen würde. „Für 2,2 Millionen Beschäftigten waren Lohnanpassungen möglich, nur für uns 8500 Musiker nicht“, benennt Haenisch-Göller unter dem Beifall ihrer Kollegen eine aus ihrer Sicht große Ungerechtigkeit.

Dies sei jedoch explizit kein Protest gegen die Stadt Duisburg, stellt sie in ihrer Ansprache auf der sonnenüberfluteten Treppe vor dem Stadttheater am König-Heinrich-Platz klar. „Wir sind der Stadt vielmehr zu Dank verpflichtet, dass sie sich bei der Krise zuletzt zur Opernehe bekannt hat.“ Doch die Abkoppelung der Orchester vom Rest des öffentlichen Dienstes könne nicht länger hingenommen werden.

Tausende Arbeitsplätze für Musiker weggefallen

Der Protest richte sich aber auch gegen den fortschreitenden Orchester- und Musikerstellenabbau. Innerhalb der letzten 20 Jahre sei die bundesweite Zahl der Orchester von 168 auf heute 131 zurückgegangen – und die der Orchestermusiker sank im selben Zeitraum von 13.000 auf heute noch 8500. Kein Wunder, dass bei solchen Zahlen die Streikbereitschaft gestern riesig war: Die derzeit 88 Musiker umfassenden Duisburger Philharmoniker waren nahezu komplett im Ausstand, bundesweit machten laut Haenisch-Göller Vertreter von etwa 100 Orchestern mit. „Das ist unsere größte Protestaktion seit den 50er Jahren. Wir fordern den Erhalt der deutschen Orchesterkultur.“ Für junge Musiker seien Tausende Arbeitsplätze vernichtet worden.

Die Zeichen stehen auch deshalb derzeit auf Sturm, weil das Bundesarbeitsgericht in Erfurt in der vergangenen Woche entschieden hatte, dass alle Staats- und Kommunalorchester keinen einklagbaren Rechtsanspruch mehr auf die Lohnerhöhungen des öffentlichen Dienstes haben.