Duisburg. Freude bei der SPD über den Sieg der beiden Direktkandidaten in Duisburg, Riesenjubel bei der CDU über das brillante Bundesergebnis. Der Zehn-Prozent-Absturz der FDP trifft die Liberalen in die Magengrube. Die Linke ist mit ihrem Ergebnis in der Stadt zufrieden.
SPD
Herzliche Umarmungen, Küsse auf beide Wangen im Sekundentakt, Händeschütteln ohne Ende: Mahmut Özdemir nimmt die Glückwünsche zum klaren Sieg im Walkreis Duisburg II mit strahlendem Lächeln entgegen. Zu den ersten Gratulanten zählt Parteichef Ralf Jäger. Sofort beginnt für den jungen Homberger ein Interviewmarathon. Auch ein türkischer TV-Sender hat ein Kamerateam nach Duisburg geschickt. „Es ist ein schönes Gefühl, gewählt worden zu sein, aber auch eine große Verantwortung“, sagt Özdemir. Vorher war die Stimmung etwas gedämpfter: Als die Genossen um 18 Uhr die Prognose für die eigene Partei auf der Großleinwand im Ratssaal erblicken, ist in vielen Gesichtern eine leichte Enttäuschung zu erkennen. Diese verwandelt sich erst in Riesenjubel, als klar wird, dass die FDP aus dem Parlament geflogen ist. Spekulationen über einen möglichen Wechsel von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nach Berlin erteilt Jäger sofort eine Absage: „Sie wird sicher in NRW bleiben – weil wir sie hier brauchen.“
CDU
Ob die CDU ihre anschließende Wahlparty im DSV 98 zur Pool-Party mit Sekt in Strömen machte, ist nicht bekannt. Allen Grund zum Jubeln hatten die Christdemokraten, zumindest mit Blick auf Berlin und ihre unangefochtene Kanzlerin Merkel. Nicht lange blieben sie am Wahlabend im Rathaus, feierten lieber unter sich beim Schwimmverein an der Wedau. Das Rathaus wollen sie erst 2014 bei der Kommunalwahl versuchen zu stürmen. „Das gibt Auftrieb. Das Ergebnis ist fantastisch“, so Volker Mosblech.
„Die Bude ist voll, die Stimmung prächtig“, jubelt CDU-Fraktionschef Rainer Einzweiler. Absolute Mehrheit oder Große Koalition, das ist die Frage der Wahlnacht. „Eine absolute Mehrheit wäre auch nicht schlecht, dann müssen sich alle am Riemen reißen“, meint Enzweiler.
FDP
Da hatte sich die FDP extra eine zentralen Platz mit guter Sicht im leer geräumten Ratssaal gesichert – und dann so ein Absturz. Die erste Hochrechnung lässt die Gesichter blass werden. „Zum ersten Mal ist die FDP nicht im Bundestag“, konstatiert Direktkandidat Frank Albrecht mit versteinerter Miene. In Duisburg reicht es nur zu Splitterpartei-Status. Der Schock sitzt sichtbar tief. „Wir sind aber teils auch selber Schuld“, räumt Albrecht ein. Dass es knapp würde: Ja, damit hatten die Liberalen gerechnet. Aber minus zehn Prozent, dass trifft tief alle in die Magengrube. „Wir haben vieles nicht richtig kommunizieren können“, meint auch der FDP-Kreisvorsitzende Holger Ellerbrock selbstkritisch. „Wir müssen jetzt bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr höllisch aufpassen“, gibt der Liberalen-Chef die Losung aus.
Die Linke
Jubel brandet hingegen bei den Linken auf, als sie die Hochrechnung sehen. Stärker als die Grünen – und aus ihrer Sicht noch wichtiger: Die FDP ist raus. Thomas Keuer, stellvertretender Parteivorsitzender in Duisburg, unkt: „Der Abend wir teuer.“ Er hatte mit seinen Parteikollegen gewettet, dass die Liberalen den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Falls nicht, wollte er eine Runde geben. Traurig ist er nicht über die verlorene Wette. Direktkandidat Marc Mulia freut sich über das gute Ergebnis. „Die Leute wissen, dass wir für eine gerechte Sozialpolitik stehen.“
Bündnis 90/Die Grünen
Etwas verhaltener fällt der Applaus bei den Grünen aus. Kandidatin Anna von Spiczak hatte schon bei Diskussionen an den Wahlkampfständen gemerkt, dass die Bürger mit dem Veggie-Tag und der angedachten Steuerpolitik nicht zufrieden waren. „Wir müssen uns jetzt sammeln und auf die nächste Kommunalwahl konzentrieren.“ Als es noch nicht nach einer Absoluten Mehrheit für die CDU aussieht, spekuliert Fraktionsvorsitzender Dieter Kantel über Schwarz-Grün. „Wir haben damit in Duisburg gute Erfahrungen gemacht.“ Matthias Schneider kontert: „Wer das sagt, hat keine Ahnung von Bundespolitik.“
Reaktionen zur Wahl in Duisburg
Wenn man sich die Zahlen anschaut, hat es einen Rechtsruck in Deutschland gegeben. Das Ergebnis der Alternativen für Deutschland ist erschreckend. Ich hätte gerne Rot-Rot-Grün verhandelt. Gespannt bin ich auf die Wählerwanderung.“Matthias Schneider, Die Grünen
Zunächst freue ich mich, dass die Wahlbeteiligung gestiegen ist. Ich wünsche Mahmut Özdemir viel Glück und Erfolg bei seiner neuen Aufgabe, das werden sehr spannende Wochen für ihn. Ich hoffe, dass er den direkten Draht zu den Menschen in seinem Wahlkreis behält und dass er alles das umsetzen kann, was er sich vornimmt.“ Sören Link, OB, SPD
Für unseren ersten Auftritt haben wir ein herausragendes Ergebnis erzielt. Weil wir den Einzug so knapp verpasst haben, kann sich aber natürlich keiner so richtig freuen. Auf der Straße haben wir viel Zuspruch erhalten, ich bin als Kandidat aber auch beschimpft und sogar körperlich angegriffen worden. Alan Imamura, AfD-Kandidat
Umfallen, Krönchen richten, wieder aufstehen. Es war klar, dass das eine knappe Geschichte wird.“ Wilhelm Bies, FDP-Ratsherr
Ich bin keine Freundin der Großen Koalition. Sollte sie aber doch noch kommen, müssen wir klare Inhalte festlegen – wie das Betreuungsgeld, den flächendeckenden Mindestlohn und vor allem die kommunalen Finanzen. Sollte es eine absolute Mehrheit für die CDU geben, könnte das für uns mit Blick nach vorne eine Chance sein.“ Bärbel Bas, MdB, SPD
Ich würde mir mit Blick auf das Spitzenpersonal mehr Kontinuität in meiner Partei wünschen. Es wäre falsch, sich jetzt wieder selbst zu zerfleischen und schon wieder personell alles in Frage zu stellen. Gut, dass wieder mehr Leute wählen gegangen sind, die Beteiligung ist aber insgesamt immer noch nicht gut.“ Frank Börner, MdL, SPD
Ich freue mich, dass die FDP endlich einmal raus ist. Sonst haben die es bei den anderen Wahlen ja doch immer noch geschafft.“ Marc Mulia, Die Linke-Kandidat
Alle Achtung für das Bundesergebnis der CDU, das kann sich wirklich sehen lassen.“ Herbert Mettler, SPD
Steuern, Veggie-Day, Pädophilie-Debatte – unsere Fehler waren größtenteils hausgemacht.“ Anna von Spiczak, Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen
Das ist ein schwarzer Tag für die FDP. Es ist erschreckend, wie Parteien mit nur einem solitären Thema wie die AfD so einen Erfolg haben können. Uns hat die Pendelbewegung voll erwischt.“Jörg Löbe, FDP-Direktkandidat
Die Ergebnisse der Bundestagswahl 2013 in Duisburg im Überblick
Das vorläufig amtliche Gesamtergebnis der Direktkandidaten im Wahlkreis 115 (Duisburg I) in Prozent:
Erststimmen | Wahlkreis 115 (Stadtsüden I) | 2009 | Erststimmen |
Bärbel Bas(SPD) | 46,64 | Bärbel Bas (SPD) | 42,2 |
Thomas Mahlberg(CDU) | 32,15 | Thomas Mahlberg (CDU) | 31,6 |
Anna von Spiczak (B90/Die Grünen) | 5,09 | Reiner Neumann (B90/Die Grünen) | 7,7 |
Jörg Löbe(FDP) | 1,63 | Frank Albrecht (FDP) | 5,9 |
Marc Mulia(Die Linke) | 7,34 | Marc Mulia (Die Linke) | 10,5 |
Rainer Kolb(Piratenpartei) | 3,28 | - | - |
Karl Wilhelm Hubert Weise (NPD) | 3,86 | Roswitha Theißen | 1,7 |
Das vorläufig amtliche Gesamtergebnis der Direktkandidaten im Wahlkreis 116 (Duisburg II) in Prozent:
Erststimmen | Wahlkreis 116 (Duisburg II) | 2009 | Erststimmen |
Mahmut Özdemir(SPD) | 43,2 | Johannes Pflug (SPD) | 47,6 |
Volker Mosblech(CDU) | 29,58 | Volker Mosblech (CDU) | 26,4 |
Matthias Schneider(B90/Die Grünen) | 5,18 | Matthias Schneider (B90/Die Grünen) | 5,8 |
Frank Albrecht(FDP) | 1,62 | Thomas Wolter (FDP) | 5,5 |
Lukas Hirtz(Linke) | 8,61 | Hüseyin Aydin (Die Linke) | 11,2 |
Kurt Alexander Klein(Piratenpartei) | 2,81 | - | - |
Alan Daniel Imamura(AfD) | 4,14 | - | - |
Sven Peter Stölting (NPD) | 4,52 | Rudi Theißen | 3,1 |
Jürgen Blumer (MLPD) | 0,34 | Jürgen Blumer | 0,3 |
Das vorläufig amtliche Gesamtergebnis der Bundestagswahlen 2013 für das Duisburger Stadtgebiet:
Duisburg | Bundestag 2013 | Bundestag 2009 | |||
Erst- stimmen | % | Zweit- stimmen | % | Zweit- stimmen in % | |
Berechtigte | 337.326 |
| 337.326 |
| 345.343 |
Wähler | 227.501 | 67,44 | 222.409 | 67,6 | 223.880 (64,8 %) |
Gültige Stimmen | 223.294 | 98,15 | 219.433 | 98,66 | 220.779 (98,61 %) |
SPD | 100.579 | 45,04 | 91.899 | 40,94 | 38,2 |
CDU | 69.128 | 30,96 | 63.749 | 28,4 | 25,1 |
Die Grünen | 11.463 | 5,13 | 13.713 | 6,11 | 8,5 |
FDP | 3631 | 1,63 | 6942 | 3,09 | 9,3 |
Linke | 17.709 | 7,93 | 18.637 | 8,3 | 12,5 |
Piratenpartei | 6836 | 3,06 | 5347 | 2,38 | 1,7 |
AfD | 4291 | 1,92 | 11.571 | 5,15 | --- |
Sonstige | 9657 | 4,33 | 7575 | 5,63 | 4,7 |
Bundestagswahl 2013, Zweitstimmen in den Duisburger Stadtbezirken in Prozent
Stadtbezirk | Wahl- btlg. | SPD | CDU | Grüne | FDP | Die Linke | Piraten | AfD | Sonstige |
Hamborn | 59,5 % | 42,82 | 25,67 | 4,05 | 2,33 | 9,31 | 2,32 | 6,19 | 7,31 |
Homberg/ Ruhrort/Baerl | 68,57 % | 38,84 | 30,98 | 6,14 | 3,74 | 8,18 | 2,10 | 4,96 | 5,06 |
Meiderich/ Beeck | 59,14 % | 45,95 | 23,23 | 4,06 | 2,14 | 9,43 | 2,69 | 5,03 | 7,45 |
Mitte | 68,12 % | 37,72 | 27,36 | 8,85 | 3,50 | 10,19 | 2,87 | 4,77 | 4,74 |
Rheinhausen | 71,09 % | 41,62 | 28,23 | 6,01 | 3,13 | 7,19 | 2,29 | 5,76 | 5,77 |
Süd | 75,87 % | 37,78 | 34,87 | 6,29 | 3,72 | 6,07 | 2,01 | 4,94 | 4,32 |
Walsum | 66,51 % | 46,12 | 25,85 | 4,85 | 2,43 | 8,02 | 2,17 | 4,52 | 6,04 |