Duisburg/Düsseldorf. . Nach der Eskalation der Lage am Duisburger Wohnblock „In den Peschen“ stellt Innenminister Jäger klar: „Stadt und Polizei sind rechtlich die Hände gebunden.“ Nicht nur wegen des von Roma bewohnten Duisburger Hauses strickt die Landesregierung an einem „Wohnaufsichtsgesetz“, das eine Handhabe liefern würde.
Als Ralf Jäger am Montagmorgen seine ersten Termine absolvierte, hatten ihn seine Mitarbeiter schon mit Sprechzetteln für ein Thema gewappnet, das unvorhergesehen auf die Tagesordnung gedrängt war: das Duisburger „Problemhaus“. Der Innenminister und Ur-Duisburger Jäger sollte erklären, wie es sein kann, dass mitten in NRW ein verwahrlostes, von Hunderten Roma-Zuwanderern bewohntes Hochhaus zum Tummelplatz rechts- und linksextremistischer Gewalt wird.
Die Situation im Wohnblock „In den Peschen“ in Rheinhausen ist über Nacht kein lokales Problem mehr. Krawalle, Nachtwachen, Anschlagsaufrufe im Internet, und nun am Donnerstag noch die angekündigte Demo einer rechtspopulistischen Partei – der Druck auf Stadt und Land, die Lage in den Griff zu bekommen, wächst. Und über allem schwebt die Frage, warum in Duisburg eine Rotlicht-Größe unbehelligt 22 Wohnungen an 600 bis 1000 Roma vermieten kann, die dort unter erbarmungswürdigen Zuständen hausen und ein ganzes Viertel in einen sozialen Brennpunkt verwandeln.
Polizei bezieht Stellung vorm Haus
„Stadt und Polizei sind rechtlich die Hände gebunden“, betont Jäger am Montag. Er verlegt sich darauf, zu einer Gegendemonstration gegen braune „Krawalltouristen“ aufzurufen: „Es geht jetzt darum, dass die Zivilgesellschaft in Duisburg Flagge zeigt.“
Immerhin will die Polizei jetzt ihre Präsenz erhöhen und nachts dauerhaft vor dem Problemhaus Position beziehen. So kündigt es der Duisburger Polizeisprecher an. Man kommt somit einer Forderung von Nachbarn, Politikern und Verbänden nach. Die Stadt weist den Vorwurf der Untätigkeit von sich: „Wir nutzen alle unsere Mittel, um In den Peschen ordnungsrechtlich gegen Missbrauch und Verwahrlosung vorzugehen“, erklärt ein Stadtsprecher auf Anfrage.
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Die Stadtspitze lasse immer wieder die gewaltigen Müllberge abholen und stelle dies dem Vermieter in Rechnung. Notfalls werde gepfändet. Jugend- und Gesundheitsamt kümmerten sich um Impfungen und Kindswohl in dem Problemhaus. Integrationswilligen würden Alphabetisierungskurse angeboten. Gemeinsam mit Polizei und Zoll gehe man gegen Kriminalität und Schwarzarbeit vor. Am entscheidenden Punkt aber komme man nicht weiter: So lange sich Vermieter und Mieter über das zusammengepferchte Wohnen einig seien, könne man dagegen behördlich kaum vorgehen. Der Schutz des Eigentums ist eben ein hohes Gut.
Da die Lage eskaliert, strickt die Landesregierung gerade an einem „Wohnaufsichtsgesetz“. Künftig wird der Tatbestand der Überbelegung rechtlich geregelt. Stehen einem Bewohner nicht mindestens neun und einem Kind nicht mindestens sechs Quadratmeter Fläche zur Verfügung, kann die Stadt das Haus räumen. Dem Vermieter droht eine hohe Geldbuße.
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Auf Druck der Städte Duisburg und Dortmund hatten sich zuletzt auch die Kommunalen Spitzenverbände des Zuwandererproblems aus Südosteuropa angenommen. Der Deutsche Städtetag benennt inzwischen offen die Folgen des Roma-Zuzugs: verwahrloste Unterkünfte, Bettelei, illegale Prostitution, fehlende Krankenversicherungen.
Viele leben vom Kindergeld
Allein in Duisburg leben laut Stadt inzwischen mehr als 8000 Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien. Sie dürfen sich als EU-Bürger legal in Deutschland aufhalten, aber noch keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen. Viele Großfamilien leben offenbar vom Kindergeld, das ihnen schon heute zusteht. Manche haben ein Gewerbe angemeldet, andere rutschen in die Kriminalität ab. Man dürfe nicht alle Roma über einen Kamm scheren, betont die Stadt. Es gebe Integrationswillige, die ihre Kinder zum Deutsch-Kurs und ins Theaterprojekt schickten.
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Nächstes Jahr dürfte es zu weiteren Zuwandererströmen kommen: Ab 1. Januar 2014 genießen auch Rumänen und Bulgaren die volle EU-Freizügigkeit und können in Deutschland legal als Angestellte arbeiten – und weitere Sozialleistungen beziehen. Man kalkuliere mit Mehrausgaben für Sozialunterkünfte von bis zu 15 Millionen Euro, sagt ein Stadtsprecher.
Sperre für Wiedereinreise
Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) sieht die Hauptverantwortung für sein Problem bei der Europäischen Union, die Bulgaren und Rumänen zu geringe Zukunftsperspektiven in der Heimat schenke. Der Bund wiederum müsse eine Wiedereinreisesperre bei Kriminellen verhängen. Das Land sei in der Pflicht, Stellen für Sprachförderung zu schaffen.
Die Duisburger Grünen kritisieren dagegen, dass es sich die Stadt mit dem Abschieben von Verantwortung zu leicht mache. Deren Kreissprecher Matthias Schneider fordert von Link: „Anpacken statt Lamentieren.“