Duisburg. . Im Kampf gegen Suchtkrankheiten kooperieren das Suchthilfezentrum Nikolausburg Ruhrort und die Fachklinik St. Camillus künftig noch enger.

Seit über 30 Jahren kümmern sie sich um suchtkranke Menschen, die Nikolausburg in Ruhrort als ambulantes Suchthilfezentrum und die Fachklinik St. Camillus als Gesundheitszentrum. Jetzt wurde erstmals ein Kooperationsvertrag geschlossen, der die beiden Einrichtungen enger miteinander verbindet und allen das Leben ein bisschen leichter macht.

Künftig wird an vier Tagen pro Woche ein Facharzt aus St. Camillus in der Nikolausburg in der Ambulanten Rehabilitation mitarbeiten. Er soll die Anamnese übernehmen, die körperlichen und psychiatrischen Untersuchungen – und er soll das Bindeglied zwischen den Einrichtungen sein, die sich oftmals gegenseitig die Patienten vermitteln zu unterschiedlichen Therapiezwecken.

Die Fluktuation ist groß

Vor allem die Nikolausburg gewinnt dadurch mehr Sicherheit. Schon seit 1992 gehört eine Arztstelle zur Einrichtung des Caritasverbandes. Doch die Fluktuation ist hoch, der Bewerbermangel groß, Lücken taten sich auf. Über ein Zuviel an Ärzten kann auch St. Camillus nicht klagen und nutzt den Pressetermin gleich zur Werbung für freie Stellen. Aber die Synergieeffekte, so Oberärztin Dr. Beate Reuschel, seien es allemal wert -- zugunsten der Patienten.

Beide Einrichtungen setzen darauf, die Behandlung möglichst individuell zusammenzustellen, um erfolgreich zu sein. Bitter, aber wahr: „Sucht ist eine Erkrankung der Gefühle“, sagt Reuschel. Und Kollege Georg Sommer ergänzt, dass man die eben nicht herausschneiden könne. Es gelte, sich auf Dauer mit dieser chronischen Erkrankung auseinanderzusetzen: „Wir trainieren, dass jemand das Verlangen hat und trotzdem nicht konsumiert.“

Aus Kostengründen gilt ambulant vor stationär

Das dauert nicht nur Jahre, sondern ein ganzes Leben. Ohnehin gilt in der Suchtbekämpfung, egal ob es um Alkohol, Medikamente, Glücksspiel oder Internet geht: ambulant vor stationär. Schon allein aus Kostengründen.

Ein Patient, der beide Einrichtungen aus eigener Anschauung kennt, ist Werner Schüßler. Der 51-Jährige hat sich vor einem Jahr selbst eingewiesen. Als Selbstständiger war er jahrelang „zu hart an die Substanz gegangen“, hatte „Bier wie Doping benutzt“. Und während sein Umfeld das als gar nicht so dramatisch ansah, hat er dennoch die Reißleine gezogen, sein Geschäft aufgegeben und sich in die Entgiftung begeben.

Schnelle Hilfe ist für Suchtkranke wichtig

„Ich bereue überhaupt nichts und bin mächtig stolz auf mich“, betont Schüßler. Einmal die Woche kommt er noch in die Nikolausburg und sucht das Gespräch mit Einrichtungsleiter Franz-Josef Werner. Körperlich fit sucht Schüßler jetzt nach neuen beruflichen Herausforderungen. Nur selbstständig will er sich nicht wieder machen.

Für Schüßler wie für alle anderen Suchtkranken ist schnelle Hilfe wichtig, wenn sie sich einmal überwunden haben, über ihr Problem zu sprechen. Deshalb ist für beide Einrichtungen niedrigschwellige Erreichbarkeit oberstes Ziel. Beide bieten Sprechstunden an. „Aber auch sonst wird niemand abgewiesen“, betont Werner. Auch an die Angehörigen ist gedacht: Sie finden Unterstützung und Hilfe im Umgang mit Suchtkranken, können den Betroffenen manchmal über die Schwelle helfen. Nur zwingen, sagen alle einhellig, kann man niemanden. Und so wird man trotz allen Engagements auch weiterhin an den Plätzen der Stadt Menschen begegnen, die täglich zum Glas greifen oder ihr Geld verzocken.