Duisburg. .
Eigentlich fehlt nur Hufgetrappel im Ohr, ansonsten vermittelt schon der Weg zum Dreigiebelhaus einen Eindruck von Mittelalter: Ein schmaler Weg, kopfsteingepflastert, führt zu einem Gittertor, eine massive Mauer umgibt das Ziel, das sich dennoch gerne erobern lässt. Denn heute ist Duisburgs ältestes Wohnhaus eine Gaststätte mit bekannt solider Küche.
Zwischen Ober- und Niederstraße sowie der Nonnengasse liegt der Backstein-Altbau mit seinen grünen Läden vor kleinteiligen Fenstern, der laut städtischen Denkmalhütern aus der Epoche der niederländischen Backsteinrenaissance stammt und damit einzigartig in der Stadt ist.
Gebäude gehörte 1608 den Herren von Raesfeld
Wer mit Duisburgs Historie ein wenig vertraut ist, wird nun einen Blick auf den Corputiusplan aus dem Jahre 1566 werfen und feststellen: Wo das Dreigiebelhaus stehen müsste, steht etwas anderes, offenbar ein Vorgängergebäude, das kurze Zeit später umgebaut wurde und so zu den markanten drei Stufengiebeln kam. „16. Jahrhundert“ steht denn auch auf einer Informationstafel vorm Gittertor als Bauzeit. Aber es gibt städtischerseits auch genauere Angaben: 1536 Bau des mittleren Gebäudeteils, 1633 Anbau des östlichen Teils.
Bis 1608 gehörte das Gebäude den Herren von Raesfeld, einem Adelsgeschlecht vom Niederrhein, das Kriegshelden und Schlossbauherren hervorbrachte. Danach lebten zwei Jahrhunderte lang hinter den drei Giebeln fromme Damen, diente das Haus als Kloster für die Zisterzienserinnen aus Duissern. Im 1633 erbauten Trakt war eine Kirche.
Dreigiebelhaus wurde zur Textilfabrik
So war’s bis zu einem historischen Ereignis mit langem Namen: Reichsdeputationshauptschluss, gefasst 1803 vom „Immerwährenden Reichstag“ in Regensburg. Dabei ging’s, grob gesagt, um eine große Umverteilung des bis dahin überaus stattlichen geistlichen Besitzes in den deutschen Staaten, Klöster gehörten mithin zu den betroffenen Einrichtungen. So auch das Zisterzienserinnen-Kloster an der Nonnengasse. Letztere behielt ihren Namen, obwohl das Dreigiebelhaus für die nächste Zeit zur Textilfabrik umgenutzt wurde.
1823 begann eine erneute weiblich geprägte Phase in der Geschichte des Dreigiebelhauses: Eine sogenannte Höhere Töchterschule zog ein, eine Vorform des Gymnasiums. 1906 war das Gebäude dann wieder in privater Hand, 1961 kaufte die Stadt Duisburg es. 1973 bis 1976 wurde der von den Jahrhunderten gezeichnete Backsteinbau umfassend und aufwendig renoviert, um anschließend unter anderem jeweils drei Stipendiaten des Wilhelm-Lehmbruck-Förderpreises für zwei Jahre als Atelier zu dienen.
Mittelalterliche Atmosphäre schnuppern
Ins Erdgeschoss zog Gastronomie, die sich mit gutbürgerlicher Küche einen Namen gemacht hat. Und wer zu angenehmen Jahreszeiten einkehrt, kann im gepflegten, ruhigen Hof Platz nehmen, mittelalterliche Atmosphäre schnuppern und genau hinhören, ob nicht irgendwo noch Hufschlag zu vernehmen ist.