Duisburg-Hamborn. . Bei der Abteiführung versetzen sich die Gäste zurück ins Jahr 1136
„Hier stand schon vor dem Jahr 900 eine Kirche“, sagt Klaus Becker zu Beginn seiner Führung durch die Hamborner Abtei, „aber wie dat Schätzeken ausgesehen hat, dat können uns auch die Historiker nich sagen.“ Die Leute grinsen: „Echt Ruhrgebiet“, flüstert jemand seinem Nachbarn zu. Die Hälfte der Besucher ist aus Wuppertal, Düsseldorf und dem Duisburger Süden angereist. Die andere Hälfte kommt aus der Nähe und frischt Erinnerungen an Religion bei Pater Ludger oder den Brautunterricht bei Pater Gottfried auf.
Der gebürtige Neumühler Klaus Becker führt seine Schar zum Torhaus und erklärt, wie die Prämonstratenser nach Hamborn kamen. Die Klostergründung geht auf das Jahr 1136 zurück.
Wanderprediger Norbert von Xanten als Ordensgründer
Da war es noch keine 20 Jahre her, dass der Wanderprediger Norbert von Xanten den Orden gegründet hatte. „Stabilitas loci“ die feste Anbindung an einen Ort, zählt zu den Lebensregeln der Prämonstratenser, die ein reiner Priesterorden sind. In Hamborn bewiesen sie diese Heimattreue ununterbrochen bis 1806.
Dann ließ Napoleon die Klöster schließen. Der letzte Abt ging nach Köln, sein Abtstab landete in der Domschatzkammer. 1959 nach Gründung des Ruhrbistums Essen kehrten die Patres zurück, 1994 wurde das Kloster wieder Abtei. Aus dem Sprachgebrauch der Hamborner waren sie nie verschwunden, wer die Propstei St. Johann sucht, ist eventuell lange unterwegs, aber unter dem Namen Abteikirche kennt sie jedes Kind.
Auf dem Abteifriedhof steht der alte Grabstein eines Hamborner Jägers von 1718. „Wir haben auch Königsgräber, aber dat sind leckere Könige“, sagt Becker und macht vor der Grabstelle der Brauerfamilie König die internationale Geste des Biertrinkens. Brunneneinfassungen, trockengelegte Fischteiche im Stadtpark, das wundersam erhaltene Gnadenbild der Anna-Selbditt mit Maria und Kind, Fließsand im Abteikeller, der romanische Kreuzgang, in dem noch der riesige Adventskranz liegt, der Paradiesbrunnen und wie der Stab der Äbte zurück in die Hamborner Abtei kam.
Becker erklärt spannende Kloster- und Stadtgeschichte und Geschichten. Das kann man ohnehin nicht trennen, die Prämonstratenser leben nicht in Abgeschiedenheit, sondern mitten unter den Menschen in Hamborn. „Wollen sie auch einen Blick in den Neubau werfen?“, fragt Becker ein paar Unentwegte. Die Gruppe bewundert den hellen, luftigen Bau, der 2011 fertig wurde. „Dafür musste Pater Tobias seinen Kräutergarten hergeben“, sagt Becker, „ aber der hat sowieso zu wenig Zeit zum Gärtnern“. Abt Albert Dölken sitzt am Schreibtisch seiner Sekretärin und winkt den unerwarteten Besuchern freundlich zu. Auf seiner Bürotür ist das Abtswappen zu sehen. „Gaudium et Spes“ – Freude und Hoffnung hat er zu seinem Motto gewählt. Die Botschaft scheint um sich zu greifen, die Gemeinschaft der Chorherren wächst stetig, der Altersdurchschnitt sinkt. „Eigentlich ist der Neubau schon wieder zu klein“, sagt Becker stolz.