Duisburg. Sexualkundeunterricht wird weicher: Mithilfe von Plüschgenitalien soll den Schülern die Aufklärung erleichtert werden. Viele Schüler wollen gewisse Fragen bezüglich der Sexualität aus Scham nicht zuhause stellen und greifen lieber auf Lehrer zurück. Dennoch wirken die Schüler etwas gehemmt.
Tim und die anderen drucksen ein bisschen herum. Vor ihnen auf dem Tisch liegen Genitalien aus Plüsch. Die knallrote Vagina und der hautfarbene Penis sind Teil eines neuen Aufklärungskonzeptes, das in der Förderschule Eschenstraße erprobt wird. Und nicht nur da: Unter dem Motto „Wahre Liebe Wanheimerort“ werden Themen wie der eigene Körper, Sex und Liebe immer wieder altersentsprechend besprochen – im Jugendzentrum, in den Schulen und bereits im Kindergarten. Die Jungs in der neunten Klasse kennen sich natürlich schon aus. Aber ein bisschen peinlich ist das Thema den meisten trotzdem.
Mädchen beschreiben Traummänner
„Die Jugendlichen können sich heutzutage im Internet sämtliche Filmchen angucken und halten Anal-Sex für das Normalste der Welt“, weiß Gottfried Mainka, Leiter der Förderschule Eschenstraße. Wenn die Jungs dann beispielsweise Pornodarsteller sehen, setzt sie das ganz schön unter Druck. „Außerdem wird in diesen Filmen ein schreckliches Frauenbild vermittelt“, findet Mainka. „Ist doch völlig normal, dass die in der Werbung oft nackt sind“, sagt ein Schüler.
Und doch: Wenn man mit den Teenagern spricht, sind viele unsicher, ob sie gut bei den Mädchen ankommen, und wie das eigentlich richtig mit den Mädels funktioniert. Es war also Zeit den Unterricht zu verändern. Bevor sie sich allerdings das erste Mal unterhielten, haben sich die Schüler mit ihrem Lehrer auf die richtige Wortwahl verständigt. Sie sprechen von „Penis“ und „Vagina“ oder „Scheide“, alle anderen Bezeichnungen sind im Unterricht tabu.
Über Aufklärung wird ungern gesprochen
„Ich bin schon von meinem Stiefvater aufgeklärt worden“, sagt Niklas. Aber es gibt eben Themen, die man nicht so gerne mit den Eltern bespricht. Die Fragen klärt er lieber mit seinem Klassenlehrer Marc Brinkmann. Sein Unterricht ist eine Mischung aus Bio und Beratungsstunde á la Doktor Sommer. Einmal ging es darum, was die Mädchen wohl von ihrem Traumjungen erwarten. „Muskeln und großes Gerät“, vermutet ein Schüler. Doch weit gefehlt.
Die Mädchen haben vielmehr Charaktereigenschaften aufgeschrieben. Treu sollte der Freund sein, humorvoll und „süß“. Auch Tobias findet wichtiger, dass ein Mädchen „lieb“ und nicht so zickig ist. „Na gut, hübsch sollte sie auch sein“, gibt er zu. Was Liebe für ihn bedeutet? „Man muss halt mit dem Mädchen zusammen sein wollen“, sagt Tobias. „Liebe bedeutet, miteinander ins Bett gehen“, wirft ein anderer ein. „Ist Liebe nicht mehr?“, hakt der Lehrer nach. Schon entspinnt sich eine Diskussion.
Tim hat schon eine Freundin. Es ist die erste Richtige, seit drei Monaten sind sie zusammen. Er ist glücklich. Und doch gibt’s manchmal Fragen. Die kann er nun in der Schule stellen.