Moers/Duisburg. Beinahe wäre es zur Eskalation gekommen: Als die Duisburger Polizei eine Gruppe Rocker stoppte, provozierten diese die Beamten und fuhren die Einsatzleiterin fast um. Die Polizistin zog ihre Waffe. Nun haben sich die Rocker in einem Gespräch bei Kaffee und Kuchen entschuldigt.
Diese bizarre Männerrunde, die genau vor einer Woche zu einem Gespräch auf „neutralem Boden“ in einem gut besuchten, bekannten Innenstadt-Café zusammen gekommen war, machte schwer Eindruck auf die meist ältere Kaffee-und-Kuchen-Kundschaft. Da saßen, scheinbar friedlich in ein Gespräch vertieft, der „Präsident“ der Duisburger Rocker-Gruppe Hells Angel mit einem Kumpan zwei uniformierten Polizisten gegenüber. Kutte plaudert bei Kaffee und Kuchen mit Uniform. Nach 45 Minuten war die Szene beendet. Was war denn das?
Gespräch kam auf Bitten der Rocker zustande
„Das war ein sehr ernstes Gespräch der Polizei mit den Hells Angel, das auf Bitten der Rocker zustande gekommen war“, sagt Rudolf Koenen, Leiter Gefahrenabwehr und Einsatz im Duisburger Polizeipräsidium. Im Kern ging es darum, dass die Rocker sich bei der Polizei für einen aggressiven Vorfall zwischen Rocker und Polizei entschuldigten, der am 15. Juni auf der Hochfelder „Brücke der Solidarität“ nicht mehr weit von einem Schusswaffengebrauch der Polizei gegen Rocker entfernt war.
Etwa 70 Mitglieder und Unterstützer der Hells Angel waren an diesem Juni-Samstag im Konvoi mit Motorrädern unterwegs nach Rheinhausen, um dort vor dem Vereinshaus der verfeindeten Rockergruppe Satudarah ein „Erinnerungsfoto“ zu schießen. Auf der Rückfahrt dieser provozierenden Aktion wurde der Konvoi von sechs Streifenwagen der Polizei auf der Rheinbrücke gestoppt.
Rocker provozierten die Polizei
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Denn: Ein unangemeldeter Konvoi ist eine Ordnungswidrigkeit. Dabei kam es, so Koenen, zu sehr provozierenden Verbalattacken und einem Versuch der Rocker, die Einsatzleiterin mit einem Motorrad umzufahren. Die Frau sprang zur Seite, zog aber danach ihre Dienstwaffe. Eine blitzschnell aufgeladene Situation, die dann aber nicht weiter eskalierte. Koenen: „Zum Glück.“ Dieser böse Vorfall und die Ankündigung massiver Reaktionen der Polizei war Gesprächsthema zwischen Ordnungsmacht und Rockermacht im Café auf der Königstraße.
Eine von vielen Geschichten, die die Teilnehmer und Zuhörer einer Tagung der Gewerkschaft der Polizei zum Thema die Macht der Rocker am Donnerstag in Düsseldorf zu hören bekamen - untermauert mit Daten und Fakten
RockerbandenIn Duisburg treffen verfeindete Rocker aufeinander
Thomas Jungblut, Abteilungsleiter im Landeskriminalamts, sprach von einer Rockerszene, die „stark in Bewegung“ sei, mit zahlreichen Neuzugängen und Neugründungen von Ortsgruppen, und aber auch von Selbstauflösungen nach Festnahmen und Fahndungsdruck der Polizei. Im Ruhrgebiet treffe man eher auf die „Bandidos“, das Rheinland sei Aktionsraum der Hells Angel.
In Duisburg indes treffen beide verfeindete Gruppen aufeinander. Begleitet von zwei weiteren Gruppierungen: Den Satudarahs und der Gruppe „Gremium“. Diese liefern sich seit Ostern 2011 offene , gewalttätige Scharmützel, die nur mit massivem Polizeieinsatz gestoppt werden konnten.
Razzia gegen Rocker in Mülheim
Eine Million Euro im Monat
Anlass und Hintergrund, so die Polizei, sei die massiv wachsende Bordell-Meile in Hochfeld, mit derzeit 423 Verrichtungszimmern, 100 weitere seien geplant. Hier seien vor allem die Hells Angel, weniger die Bandidos, im Geschäft; hauptsächlich als Türsteher und „Security“. Allein die Mietzahlungen der „Damen“ betragen, so die Polizei, eine Million Euro pro Monat.
Aber auch Drogen und Waffen seien neben legalen Geschäften (wie Tatoostudio, Werkstatt etc.) Geschäfstmodelle der Rocker. Die Polizei fahre gegenüber kriminellen Rockern eine Null-Toleranz-Strategie. Doch dafür aber, so die GdP, müsse die Polizei besser ausgestattet werden.