Düsseldorf. . Die Rocker breiten sich an Rhein und Ruhr aus. “Deutliche Steigerungen“ der Aktivitäten sieht das LKA im Ruhrgebiet und rechnet mit einer weiteren Ausdehnung der Hells Angels nach Osten in das Gebiet der Bandidos hinein, was neue Gewaltkonflikte zur Folge haben könnte. Das Bundeskriminalamt stellt auf Bundesebene Beunruhigendes fest. Demnach knüpfen von den 8000 bundesweit bekannten Bandenmitgliedern etwa „400 bis 500“ Kontakte in die gewaltbereite rechte Szene.
Trotz des massiven Fahndungs- und Kontrolldrucks der Polizei und trotz mehrerer Verbote durch die Politik verstärkt und verändert sich die Rockerszene in Nordrhein-Westfalen. In den vergangenen sechs Monaten ist es zwischen den rivalisierenden Gruppen in diesem Bundesland bereits sechs Mal zum Schusswaffengebrauch gekommen, sagte Thomas Jungbluth, Abteilungsleiter im Landeskriminalamt, auf einer Konferenz der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Düsseldorf zum Thema Rockerkriminalität.
Zudem stoßen neue Vereinigungen wie Black Jackets und United Tribuns nach NRW vor, die aus Süddeutschland kommen und deren Mitglieder oft Migrationshintergrund und eine „beachtliche kriminelle Karriere hinter sich haben“, sagt Jungbluth. Hier seien Mitgliederzahlen, vor allem um Köln und Bonn herum, inzwischen zweistellig.
"27 neue Ortsgruppen von "Hells Angels" und "Bandidos"
Seit 2011 haben nach den Daten des Landeskriminalamtes vor allem die traditionellen Banden „Hells Angels“ und „Bandidos“ ihre lokale Präsenz ausgebaut und 27 Ortsgruppen neu gegründet, in Duisburg zudem die niederländischen Satudarah, die aus dem Molukkermilieu kommt.
„Deutliche Steigerungen“ der Aktivitäten sieht Jungbluth im Ruhrgebiet – und auch hier neue Entwicklungen: Er rechnet mit einer weiteren Ausdehnung der bisher eher im Rheinland beheimateten Hells Angels nach Osten in das Gebiet der Bandidos hinein, was neue Gewaltkonflikte zur Folge haben könnte. Die Polizei fürchtet jetzt, dass die „Duisburger Konfliktlinie auf das Land übertragen werden könnte“. Allerdings gibt es unter den Fahndern auch gegensätzliche Stimmen, was die Zukunft betrifft: Aus Reihen der Hells Angels höre man, dass „das Ruhrgebiet nicht mehr interessiere“.
LKA hält Duisburg für den regionalen Schwerpunkt
Duisburg, wo die Rivalen bisher mit harten Bandagen um den Einfluss im Rotlicht-Geschäft rund um die Vulkanstraße kämpfen und die Rotlicht-Größen Millionengewinne machen, hält das LKA derzeit für den regionalen Schwerpunkt der Ereignisse in der NRW-Szene. Auf dem GdP-Treffen sagte Franz Goltz von der Duisburger Polizei, in der Stadt habe man derzeit mit 200 bis 250 Rockern zu tun.
Allerdings gibt es hier auch vorsichtige Signale der Beruhigung, seit dem Duisburgs Satudarah-Chef Ali Osman in Haft sitzt, und sogar lose Kontakte zwischen den Sicherheitsbehörden und den „Höllenengeln“. Duisburgs Polizei hatte der Rockergruppe, die besonders starke ökonomische Interessen hat und Polizeiinterventionen nicht gebrauchen kann, vorher offenbar eine „klare Ansage“ gegeben, provozierendes Verhalten gegenüber Polizisten werde nicht mehr geduldet.
Beunruhigendes stellt das Bundeskriminalamt auf Bundesebene fest. Danach knüpfen von den 8000 bundesweit bekannten Bandenmitgliedern etwa „400 bis 500“ Kontakte in die gewaltbereite rechte Szene. BKA-Chef Jörg Ziercke spricht von einem „Gebräu“, was Boden für Gewalt bereite. Ermittler registrierten immer wieder Fälle, in denen Rocker rechten Freunden Waffen besorgen. Allerdings sieht Jungbluth in NRW nur „Einzelfälle“ dieser Art. Das Thema werde aber genau beobachtet.
Andere Verbindungen gibt es mittlerweile in die Hooligan-Szene oder auch in Schützenvereine. „Die Hooligan-Szene des MSV hat da beispielsweise eine Klammerfunktion“, sagt Rudolf Koenen von der Duisburger Polizei. Auch gibt es Berichte über Kontakte von Bandidos in das Umfeld von Schalke, hieß es auf der Düsseldorfer Konferenz.
RockerbandenDer Vorsitzende der NRW-GdP, Arnold Plickert, hat sich klar für eine „Null Toleranz“-Linie gegenüber der Rockerkriminalität ausgesprochen. Er warnte aber davor, Vereinsverbote als „Allheilmittel“ zu nutzen. Wichtiger scheint ihm, „besonders belastete Behörden“ – wie Duisburg eine ist – „mit einer stabilen Grundbesetzung auszustatten“, vielleicht gemeinsame Arbeitsgemeinschaften der Polizei mit Staatsanwälten – wie in Berlin – zu bilden und den Fahndern die Nutzung der Vorratsdatenspeicherung wieder möglich zu machen.
Über die Telefonverbindungen des Duisburger Satudarah-Chefs im letzten haben Jahr vor der Verhaftung hätte man schon gerne mehr gewusst, sagte ein erfahrener Polizeifahnder.