Duisburg. Das Rauchverbot sorgt dafür, dass man in Gaststätten wieder durchatmen kann - aber auch für Ärger mit den Nachbarn. Einige Duisburger Gaststätten haben sogar Türsteher engagiert, um Streit und Handgreiflichkeiten mit Anwohnern zu entschärfen. Eine Klimastudie aus dem Bistro Hexenkessel
Klaus Schrader hat die Nase voll. Jeden Freitag geht das jetzt so: Die Gäste, die im Hexenkessel nicht mehr rauchen dürfen, versammeln sich vor der Kneipe - und unter seinem Fenster. „Es ist laut bis in die Nacht. Ich bin selbst Nichtraucher, aber die Qualmwolke zieht hoch bis in meine Wohnung“, sagt der Anwohner, der zwar stinksauer ist, seinen richtigen Namen aber trotzdem nicht veröffentlicht wissen will. „Ich habe nichts gegen Raucher, aber ich möchte auch schlafen.“
Ein Argument, das Hexenkessel-Wirt Sinan Özen nur allzu gut verstehen kann, wiewohl: Linderung kann er kaum verschaffen. „Ich habe ja keine andere Fläche, auf der meine Gäste rauchen können. Also müssen sie eben nach draußen.“ Özen stinkt das generelle Rauchverbot, wie es seit Anfang Mai für Restaurants und Kneipen in Nordrhein-Westfalen gilt, ebenso wie seinen ungehaltenen Nachbarn. „Für mich ist das eine Katastrophe. Die Gäste bleiben weg. Und besonders in den Nächten am Wochenende muss ich höllisch aufpassen, dass meine Kundschaft draußen nicht zu laut wird.“
Situation wird sich wohl im Winter verschärfen
Saubere Luft drinnen, dicke Luft mit den Nachbarn: Diesen unerwünschten Nebeneffekt der verschärften Nichtraucherschutzregelungen bekommen auch die anderen Gaststätten in der Stadt zu spüren. „Wir haben Türsteher engagiert, anders können wir der Konflikte kaum Herr werden“, sagt Thomas Amshove, Wirt vom Golden Grün. „Manchmal sind wir mit drei Leuten dabei, die Meute zu beruhigen.“ Die Folge der Qualmerei vor dem Haus: Streit, Handgreiflichkeiten.
Demo gegen Rauchverbot
Dass Streit mit den Anwohnern der Duisburger Kneipen seit Inkrafttreten des Rauchverbotes ein großes Thema ist, bestätigt auch Wirtesprecher Marc Weber, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gasttättenverbandes. „Das Gesetz hat zwei Effekte“, sagt Weber. „Getränkeorientierte Betriebe, die klassischen Eckkneipen, haben massive Umsatzeinbußen. Und sie haben riesige Probleme mit den Nachbarn, die sich über den Lärm der rauchenden Gäste vor den Türen der Kneipen aufregen.“ Das werde, so Weber, sich im Winter noch verschärfen.
Sinan Özen ist sich sicher, „wenn das so weiter geht, kann ich meinen Laden bald dicht machen.“ Kathrin Müller, Wirtin vom König City, sieht es inzwischen gelassen. „Was soll ich dazu noch sagen? Wir können es doch sowieso nicht ändern. Da müssen wir eben Wege finden, uns zu arrangieren.“
Das sagen die Gäste
Klaus Röken, Stammgast: „Es hat sich in den letzten Wochen viel verändert. Erstmal sind weniger Leute da. Die Leute überlegen sich das jetzt, ob sie in die Kneipe gehen - da müssen sie ja immer zum Rauchen vor die Tür. Oder ob sie zuhause bleiben, wo sie drinnen rauchen können. Ganz ehrlich? Für mich macht das die Stimmung kaputt, wenn die Leute dauernd raus gehen. Da kommt auch kein richtiges Gespräch mehr auf.“
„Ich bin Nichtraucher. Für mich macht das keinen Unterschied, ob hier drinnen geraucht wird oder nicht. Ich habe gehört, dass es die Probleme mit den Nachbarn gibt, das ist natürlich unerfreulich. Aber ich habe davon noch nie etwas mitbekommen.“
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Jasmine Bartelt, Kellnerin: „Zum Ärger kommt es meistens spät abends, freitags oder samstags. Wenn die Gäste dann getrunken haben, werden sie automatisch etwas lauter. Und das ist dann auch, was die Nachbarn stört. Und der Rauch natürlich, der nach oben zieht. Aber wir können den Leuten ja nicht den Mund verbieten. Das sind ja unsere Gäste. Und dann gibt es noch die, die einfach abhauen ohne zu bezahlen. Wir können das ja nicht mehr kontrollieren.“
Angelika Plück, Stammgast: „Nach dem zweiten Bier laufe ich nur noch hin und her. Rein raus rein raus. Das ist ungemütlich.
Das sagen die Anwohner
Victor Krutzky*, Anwohner: „Ich wohne hier seit 30 Jahren. Aber in den letzten Wochen ist es schlimm geworden. Seit die Leute vor der Kneipe stehen und unter meinem Fenster rauchen, kann ich kaum noch schlafen. Schlimm ist es vor allem am Wochenende. Dann ist da Geschrei und Ärger. Das ist nicht nur der Zigarettenqualm, auch die Lautstärke. Ich verstehe die ja, die können ja nicht mehr drinnen rauchen. Aber es kann auch nicht sein, dass wir Nachbarn das ausbaden müssen.“
Marina Gerber*, Anwohnerin: „Ich kriege von dem Lärm zum Glück nicht so viel mit, ich wohne im Hinterhof. Aber ich höre es von den Nachbarn, von denen in der ersten Etage, die sind ganz schön sauer. Wenn die ihre Fenster im Sommer aufmachen, zieht der ganze Qualm zu denen rein. Mit Kindern ist es noch schlimmer. Da kann man die Fenster im Kinderzimmer dann gar nicht mehr aufmachen. Und das bei der Hitze.“
Nejade Ezgin*, Anwohnerin: „Da war ja auch schon mal die Polizei da. Ich hab’ sie gehört. So ein Ärger, nur, weil die Leute drinnen nicht mehr rauchen dürfen.“
Manfred Tomion, Passant: „Ich finde es gut, dass in Kneipen nicht mehr geraucht werden darf. Jetzt gehe ich auch mal wieder ein Bier mit Freunden trinken. Für den Streit mit den Nachbarn muss man einen Kompromiss finden.“
*Namen geändert