Duisburg.

Christopher Sturm nimmt Anlauf. Der BMX-Fahrer hebt mit dem Vorderrad ab, macht eine Art Kopfstand – und dreht sein Rad unter sich um 360 Grad. Seine Hände umklammern den Lenker. Den Zuschauern stockt der Atem. Der 19-Jährige probt mit seinem BMX, seitdem er zwölf Jahre alt ist. Normales Radfahren war ihm schnell zu langweilig.

An fast jedem Wochenende, wenn das Wetter gut ist, trainieren er und seine Freunde im Rheinpark – und reisen dafür sogar extra aus Mönchengladbach an. Bei einer seiner Pirouetten ist Sturm vom Flic Flac-Sprecher Sebastian Rottner Hönicke entdeckt und in den Zirkus eingeladen worden. Seitdem stürzt er sich regelmäßig mit den Profis eine 15 Meter hohe Rampe herunter.

"Sobald es nicht mehr weh tut, muss man nochmal fahren"

„Das ist schon ein bisschen lebensmüde“, gibt der Lehrling, der eigentlich eine Ausbildung zum Maler und Lackierer macht, zu. Als er zum ersten Mal unter das Zeltdach geklettert ist und in 15 Metern Höhe stand, musste er schlucken. „Man hat den Eindruck, dass die Rampe nach unten hin immer schmaler wird.“ Und der Riesen-Airbag, der hinter der Schanze steht, um die Fahrer aufzufangen, war auch noch nicht aufgeblasen. Er fuhr trotzdem.

„Man braucht Kontrolle über sein Rad und Körperbeherrschung“, erklärt er cool. Er hielt sich also am Lenker fest, sprang auf einer Höhe von etwa sechs Metern ab und segelte durch die Luft. Später, beim Rückwärtssalto, stürzte er tatsächlich einmal ab. Zum Glück ist die Landerampe mit Gummimatten ausgelegt. Sonst passiert ihm nur selten etwas, obwohl an seinen Ellenbogen ganz schön viele Macken zu sehen sind. „Sobald es nicht mehr weh tut, muss man nochmal fahren, sonst hat man später zu viel Angst.“

Lob für Skatepark

Für den Rheinpark sind Christopher Sturm und seine Freunde voll des Lobes. „Daran könnten sich andere Städte mal ein Beispiel nehmen. Wenn gutes Wetter ist, ist er immer voll.“ Zum Üben seien die Rampen ideal, auch wenn es natürlich irgendwann langweilig werde, immer die gleichen Tricks auszuprobieren. Die Jugendlichen, die den Skatepark nutzen, kommen aus ganz Nordrhein-Westfalen. Wichtig sei auch die Beschaffenheit des Bodens, der zwar glatt, aber nicht zu rutschig sei. In der Community gibt es allerdings auch negative Stimmen, die kritisieren, dass die Wände und Rampen schon mit Graffitys besprüht wurden und andere den Platz verdrecken.

Im Rheinpark üben übrigens nicht nur BMX-Fahrer, sondern auch Inline-Skater. Sebastian Rottner Hänicke hebt hervor, wie besonders das Engagement von Christopher Sturm ist. „Es gibt ganz wenige Menschen auf der Welt, die diese Stunts machen. Das sind schon die Verrücktesten.“

Traumjob Stuntman

Seit dem Sturz übt er noch härter. „Der macht das richtig gut“, lobt Profi Dave Lang. Es passiert sehr selten, dass die Mitarbeiter auf der Tournee einen Neuen sofort engagieren. Auch Zirkus-Direktor Benno Kastein zieht den Hut vor dem Nachwuchs-Talent. „Das trauen sich nicht viele, die Rampe runter zu fahren.“ Er betont, dass niemand im Zirkus die Artisten dränge, irgendein Risiko einzugehen. Röttner Hänicke: „Wenn sich einer nicht gut fühlt, muss er nicht springen.“ Christopher wollte.

Seinen Eltern zeigt er nur Fotos. Bei seinen Auftritten wollen sie lieber nicht zuschauen. „Aber eigentlich finden die gut, was ich mache, besser als vorm PC rumhängen, sagen sie immer.“ Auch die Freunde denken an die Risiken, aber drücken die Daumen. „Der macht das schon, der ist der Beste im Rheinpark.“

Wenn er seine Lehre beendet hat, träumt Christopher Sturm übrigens davon, mit den BMX-Stunts sein Geld zu verdienen. Und er ist guter Dinge, dass das ein Job mit Zukunft ist. Der älteste BMX-Fahrer, der professionell auftritt, ist 52 Jahre alt. Vor seiner Fahrt von der Rampe hatte Christopher Sturm übrigens Höhenangst.