Duisburg. Seit etwa drei Jahren lebt Raphael Fellmer mit seiner Familie ohne Geld. Drei Mal in der Woche besorgt sich der 30-jährige Berliner Lebensmittel aus den Müllcontainern großer Supermärkte. An der Uni Duisburg-Essen sprach er nun über seinen Lebensentwurf.

Für die meisten Mitmenschen ist ein Leben ohne Geld genauso unmöglich wie ein Leben auf dem Mars. Doch Raphael Fellmer lebt seine Utopie, lebt seit etwa dreieinhalb Jahren ohne Geld. Kann so etwas gut gehen, auf lange Sicht? Der Berliner (30), seine spanische Partnerin Nieves (29) und Töchterchen Alma Lucia (3) sind glücklich und zufrieden, sagt Fellmer.

Daher versucht er, möglichst viele von seiner Vision eines Lebens ohne Geld zu überzeugen. Jetzt machte er an der Universität Duisburg-Essen an der Lotharstraße in Neudorf Station. Auf dem Campus sprach Fellmer auf Einladung des AStA-Kulturreferats über seinen Lebensentwurf.

Gruppe der "Mülltaucher" wächst

Fellmer zählt zur wachsenden Gruppe der „Mülltaucher“: Drei bis viermal pro Woche zieht der Familienvater im Dunkel der Nacht mit dem Rad los, durchsucht mittels Kopflampe Müllcontainer von Bio-Supermärkten oder Reformhäusern, fischt sich gut erhaltenes Brot, Gemüse, Obst, Säfte oder Mineralwasser heraus.

Daheim in Dahlem lagert Fellmer die einwandfreien Lebensmittel in seiner Vorratskammer und seinem „Kühlschrank“, einem Regal unter einer Plane im Hof. Dort wohnen Raphael, Nieves und die kleine Alma Lucia in einer Wohngemeinschaft. Kostenlos, das Martin-Niemöller-Haus gehört der evangelischen Gemeinde Dahlem.

Die Bewohner verdienen sich die „Miete“ mit Reparaturen in der Villa und Pflege des Gartens, setzen auf konsequentes Energiesparen. Geheizt wird selten, Lampen werden erst eingeschaltet, wenn es richtig dunkel ist. Einen Teil des Überschusses bieten die „Mülltaucher“ in eigenen Tauschbörsen im Internet an.

Tauschen als Modell der Zukunft

Tauschen ist für Fellmer das Modell der Zukunft. So könne man auch den Wohnungsmarkt organisieren, ganz legal. Als Gegenleistung könnten die Bewohner ihre Arbeitskraft anbieten

Nach dem Vortrag wandten Zuhörer ein, Fellmer ginge von einem zu positiven Menschenbild aus, blende Egoismus und Egozentrik aus. Ein Schrumpfen des Wirtschaftswachstums komme vielleicht der Umwelt zugute, vernichte aber Arbeitsplätze zum Beispiel in der Stahlindustrie.