Duisburg. Ein Jahr nach der Abwahl des wegen der Loveparade-Katastrophe in die Kritik geratenen Duisburger OB Adolf Sauerland meldet sich der Verein „Neuanfang für Duisburg“ wieder zu Wort. Und das mit deutlichen Worten und herber Kritik: „Die Chance auf einen politischen Neuanfang wurde vertan“.
Ja, es gibt sie noch. Nach der Abwahl des Oberbürgermeisters Adolf Sauerland (CDU) und der Wahl seines Nachfolgers Sören Link (SPD) war es still geworden um die Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“, die mit der Sammlung der Unterschriften den Abwahlentscheid erst ermöglichte. Jetzt, kurz bevor sich der Abwahltermin zum ersten Mal jährt, meldet sich die Initiative, aus der inzwischen ein Verein geworden ist, wieder zu Wort - mit deutlichen Worten und herber Kritik. „Die Chance auf einen politischen Neuanfang wurde vertan“, sagt Theo Steegmann, damaliger Frontmann der Initiative und heutiger Vorsitzender des Vereins.
Der „neue Stil“, den Sören Link im Wahlkampf versprochen hat, sei in Wirklichkeit der alte. „Eine Unverschämtheit“ nennt es Steegmann, dass die Ratsmehrheit direkt nach der Neuwahl ihre Leute mit lukrativen Posten versorgt. Den SPD-Fraktionsmanager und den „grünen“ Stadtdirektor zum Vorstand der Wirtschaftsbetriebe zu machen, verschlinge „ungeheure Kosten“, während sonst an allen Ecken und Enden gespart werden müsse. „Das sind die bekannten Grausamkeiten direkt nach der Wahl, die schnell mit der Hoffnung umgesetzt werden, dass die Bürger sie bis zur nächsten Wahl wieder vergessen haben“, sagt Steegmann im NRZ-Gespräch.
"So etwas kann sich Duisburg nicht leisten"
„Regelrecht vom Hocker gehauen hat uns, was Vorstände bei Stadtwerken oder Gebag eigentlich verdienen und welche Pensionen da gezahlt werden. So etwas kann sich Duisburg überhaupt nicht leisten“, schimpft Steegmann und wundert sich, wie „lasch und mangelhaft“ die Aufsichtsräte mit ihrer Kontrollfunktion umgegangen sind.
Dem OB attestiert er, dass „er sich bemüht“, er habe weiterhin eine Chance verdient. „Aber vielleicht haben wir die Rolle eines neuen OB und seiner Machtfülle einfach überschätzt. Er ist das Vollstreckungsorgan, die Politik in dieser Stadt machen die regierenden Ratsparteien, oder besser gesagt die Fraktionsvorsitzenden, nämlich die Herren Mettler, Kantel und Dierkes.“ Die Parteien hätten nicht nur ihre Glaubwürdigkeit verloren, das Problem sei auch „die Qualität des Rates“: „Da werden Vorlagen nicht richtig gelesen und einfach so abgestimmt, wie es die Fraktionsspitze wünscht. Und erst später kommt man darauf, dass durch diesen Beschluss die Zinkhüttensiedler aus ihren Wohnungen vertrieben werden.“ Es sind deutliche Worte von Steegmann, dem viele noch heute vorwerfen, dass er bei der Abwahl gemeinsame Sache mit Rot-Rot-Grün gemacht habe.
Mitverantwortliche der Loveparade-Katastrophe noch im Amt
Auch an der Haltung der Stadt zur Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe habe sich wenig geändert. Die Abwahl von Adolf Sauerland, da sei es um die politische Verantwortung gegangen. „Aber in der Delegationskette ganz oben standen die Dezernenten Dressler und Rabe, die genehmigt haben, was man eigentlich gar nicht hätte genehmigen dürfen.“ So ginge der verantwortliche Rechtsdezernent weiter jeden Morgen ins Rathaus, als wenn nichts passiert wäre. „Es hätte zumindest eine Prüfung für eine Suspendierung geben müssen. Ich bin gespannt wie offen und transparent OB Sören Link damit umgeht, wenn das Verfahren gegen die Verantwortlichen beginnt“, sagt Steegmann.
Auch der Rat habe zur Aufklärung bisher nichts beigetragen. „Und die CDU feiert Adolf Sauerland doch immer noch auf jeder Sitzung als ihren Helden. Das zeugt von Unfähigkeit, politisch zu lernen“.
So bedürfe es weiterhin „einer starken, bürgerschaftlichen Opposition“ — eine Rolle, die der Verein „Bürgerinitiative Neuanfang Duisburg“ ausfüllen will, wie der Vorsitzende Steegmann ankündigt. Man habe einige Zeit gebraucht, um sich zu „sortieren“. Jetzt gibt es wieder monatliche Treffen, das erste Mal am Aschermittwoch, einen Tag nach dem Abwahl-Jahrestag (18 Uhr, Café Museum). Dann will die Initiative festlegen, wie sie künftig weiter macht. „Wir werden uns einbringen“, sagt Steegmann. Beim Projekt Duisburg2027 zum Beispiel, aber auch bei strittigen Themen wie dem Grüngürtel oder dem Outlet-Center: „Es gibt genug Baustellen.“