Duisburg. . Das Anti-Aggressivitäts-Training ist für die Härtesten der Härtesten. Bei diesen jungen Männern hat jede andere Maßnahme des Jugendamts versagt. Die Rückfall- und Abbrecherquote ist zwar für den Laien erschreckend, Experten jedoch sehen sie als großen Erfolg.
Sie haben so ein bisschen was von dem berühmt-berüchtigten Zählreim „zehn kleine Negerlein“, die Anti-Aggressivitäts-Trainings, die das Jugendamt seit 2010 anbietet. Die Teilnehmer dezimieren sich im Laufe der Kurse kräftig.
Zwölf Teilnehmer starteten 2009/10, am Ende konnten sechs Teilnehmer das Zertifikat in Empfang nehmen, was zwei nicht daran hinderte, wieder straffällig zu werden. Ein ähnliches Bild bietet der 2011er-Kurs: Von 17 Teilnehmern waren am Ende sieben erfolgreich, doch zwei hatten nach Kursende wieder Ärger mit der Justiz. Den diesjährigen Kurs beendeten von den zwölf Jugendlichen gerade einmal vier, straffällig wurde bisher niemand der erfolgreichen Absolventen.
19 Männer wurden ausgewählt
Exemplarisch sei das 2011er-Training geschildert. Aus einem Pool von 21 Kandidaten wurden 19 junge Männer ausgewählt, 17 erschienen zum Start. Im Verlauf der ersten sechs Trainingseinheiten schieden sechs Teilnehmer aus. Einige fehlten unentschuldigt, andere hatten Drogen- oder Alkoholprobleme, einige hatten Schwierigkeiten, dem Kurs „intellektuell“ zu folgen. Die Unentschuldigten wurden dem Jugendgericht gemeldet. So steht es in einer Mitteilungsvorlage für den Jugendhilfe- und Schulausschuss.
Für einen Laien erscheint diese Bilanz verheerend. Für die Experten sind allein die Zahlen schon eine Erfolgsgeschichte. Denn, so begründet Jugendamtsleiter Thomas Krützberg, „Das sind die Härtesten der Harten. Die haben alle anderen Maßnahmen der Jugendhilfe abgebrochen. Da kann man keine Erfolgsquote von 50 Prozent erwarten.“
Lernen, mit Provokationen umzugehen
Das Anti-Aggressivitäts-Training ist vor allem für aggressive Wiederholungstäter gedacht. Es dient der Reduzierung und dem Abbau der Gewaltbereitschaft. Die Teilnehmer werden bewusst provoziert und mit ihren Taten, Rechtfertigungen, den Folgen der Tat sowie Widersprüchen und Schwächen konfrontiert. Die Teilnehmer sollen lernen mit Provokationen umzugehen, um zukünftig ruhiger und angemessener auf diese reagieren zu können. Das Training setzt viel auf konfrontative Pädagogik. Ziel ist, dass die Teilnehmer lernen, ein Leben ohne Gewalt zu führen und damit keine „weiteren Opfer mehr zu produzieren“.
Mit normalen pädagogischen Mitteln sind diese brutalen jungen Männer nicht zu erreichen, weiß das Jugendamt. Kein Mitgefühl mit den Opfern, zunehmende Härte und Brutalität bei der Ausübung von Gewalttaten kennzeichnen diese Jugendlichen, die einem „Das darfst Du aber nicht“ nur ein müdes Achselzucken entlocken.
10.000 Euro pro Kurs
„In den Trainings“, sagt Jugendamtsleiter Krützberg, „wird den Jungen deutlich gemacht, wie Gewalt tatsächlich wirkt.“ Harte Konfrontation bis zur Selbstentblößung vor der Gruppe auf dem heißen Stuhl sollen neue Verhaltensmuster jenseits der Prügelei „einimpfen“. Ob es klappt? Das Jugendamt glaubt ja, wenn auch nicht bei allen Teilnehmern. Aber die, die es begriffen haben, verändern auch ihr soziales Umfeld als Multiplikatoren, denn „das sind ja geborene Führungspersönlichkeiten.“ Deshalb will das Jugendamt auch - trotz der Kosten von 10.000 Euro pro Kurs - verstärkt in das Training einsteigen.