Duisburg. .

Andreas Flüs ist ein freundlicher Mann mit Oberlippenbart und silber-grauem Haar. Ruhig sitzt er an seinem Schreibtisch in einem hellen Büro der Duisburg-Kliniken. Wenn er von seiner Arbeit spricht, lächelt er sanft. „Ich weiß, was die Menschen fühlen und welche Überwindung es kostet, zu uns zu kommen. Der erste Schritt ist immer der schwerste.“

Vor rund zwei Jahren rief der 51-Jährige das Sana-Adipositaszentrum ins Leben und hat seitdem unzählige Übergewichtige auf ihrem Weg zum Wunschgewicht begleitet. Dass der 1,75 Meter große Mann vor fünf Jahren selbst noch etwa 90 Kilo mehr auf die Waage brachte, kann man sich heute kaum vorstellen. Allmählich beginnt er zu erzählen: „Ich war schon als Kind nie zierlich, meine ganze Familie neigt zu Fettleibigkeit. Durch Leistungssport konnte ich dieser Veranlagung jedoch lange entgegenwirken. Als ich dann im Jahr 1988 einen schweren Motorradunfall hatte, war’s erst einmal vorbei mit der Bewegung.“

Als sich der gelernte Installateur und Heizungsbauer Anfang der 1990er Jahre zum Traumberuf Krankenpfleger umschulen ließ, wog er bereits 110 Kilo – und nahm stetig weiter zu. Schmunzelnd gesteht er, auch die drei Schwangerschaften seiner Frau als willkommene Gelegenheit genutzt zu haben, um zu futtern: „Ich aß einfach mit. Nach außen war ich ja der lustige Dicke. Stets hatte ich eine Ausrede parat, warum ich kräftemäßig immer weniger mithalten konnte. In mir drin sah es dabei zunehmend düsterer aus.“

... und heute, 90 Kilogramm leichter, als Leiter des Adipositas-Zentrums im Klinikum Wedau.
... und heute, 90 Kilogramm leichter, als Leiter des Adipositas-Zentrums im Klinikum Wedau. © WAZ FotoPool

Neben der psychischen Belastung machten ihm außerdem starke Knieprobleme zu schaffen. Im Jahr 2004, Flüs arbeitete mittlerweile in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, unterzog sich der Krankenpfleger der nötigen Knieoperation. Bei der anschließenden Krankengymnastik wurde Rheuma bei ihm festgestellt, er erhielt Schmerzmedikamente. „Durch die Morphine habe ich nochmals zugelegt“, erklärt er. Nicht nur auf der Arbeit, auch zu Hause konnte der Familienvater kaum noch Aufgaben übernehmen. Als der Leidensdruck zu hoch wurde, fasste er eine Entscheidung. „Ich wusste einfach, dass es so nicht mehr weitergehen konnte. Per Internet erfuhr ich von einer Selbsthilfegruppe und ging hin. Das war meine Rettung.“

Beratung nach vorheriger Anmeldung

Das Adipositaszentrum ist eine Anlaufstelle für Menschen, die seit Jahren unter einem starken Übergewicht leiden. Die Initiative bietet Kurse und Programme sowie die Hilfe zur aktiven Selbsthilfe.

Jeden Mittwoch von 9 bis 16 Uhr steht Andreas Flüs im Klinikum Duisburg für erste Beratungen zur Verfügung. Anmeldung: 0151/ 42 66 96 29 oder E-Mail: adipositas-nrw@sana.de

Unter Gleichgesinnten fühlte sich Flüs endlich verstanden, zudem erhielt er vor Ort wertvolle Informationen über chirurgische Maßnahmen im Kampf gegen die Pfunde. „Ich stellte den Antrag auf einen Magenbypass. Im November 2007 lag ich dann endlich auf dem OP-Tisch. Mit einem Kampfgewicht von 184 Kilo.“ Der Eingriff zeigte Erfolg. Innerhalb eines Jahres verlor er 84 Kilo – und kann seitdem Maß halten. „Es klingt banal, doch heute esse ich einfach nur noch das, was mir schmeckt. Zusätzlich treibe ich vier Mal die Woche Sport. Das Ergebnis: 500 Prozent mehr Lebensqualität!“ Zu verdanken habe er das neben seiner eigenen Willenskraft vor allem der bedingungslosen Unterstützung seines Umfelds.

Mit der Gründung des Adipositaszentrums möchte er Betroffenen genau diese Basis bieten. „Das Wichtigste ist, niemals aufzugeben. Gemeinsam finden wir schon einen Weg. Ich sprech’ da aus Erfahrung“, sagt Flüs und grinst.