Unna/Bönen. Er war so schwer, dass selbst die Lunge nicht mehr mitmachte: 350 Kilo wog Thomas Gehrke aus Unna, dann musste er wegen einer Entzündung am Bein ins Krankenhaus. Der Klinikaufenthalt veränderte sein Leben - und sorgte dafür, dass er in zwei Jahren über 150 Kilo abnahm.
Thomas Gehrke sitzt entspannt auf einem Spezialstuhl in seiner Wohnung und schlürft genüsslich seinen Kaffee. Schwarz, ohne Zucker. Zuvor hat er sich zum Frühstück ein halbes Brötchen schmecken lassen. „Nein“, sagt er im Brustton der Überzeugung, „da, wo ich herkomme, will ich nie wieder hin zurück.“
Kein Ort ist damit gemeint, keine Arbeitsstelle und auch kein Land, Thomas Gehrke spricht von seinem eigenen Körper, der ihm seit Kindheit das Leben im wahrsten Sinne des Wortes schwer gemacht hat. „Vor zwei Jahren habe ich noch 350 Kilogramm gewogen. Als ich dann die Entzündung am Bein bekam, ging nichts mehr."
Schon als Kind viele Süßigkeiten gegessen
Die Unnaer Feuerwehr, die auf Transporte besonders dicker und schwerer Menschen spezialisiert ist, holte den gelernten Metzger mit einem Tragetuch aus seiner Wohnung und brachte ihn ins evangelische Krankenhaus. Für den 37-Jährigen war das wohl das Glück im Unglück. „Mir ist erst da so richtig bewusst geworden, in was für einer Situation ich mich befinde. Es musste etwas passieren“, schildert Thomas Gehrke die Wende in seinem Leben, die ihm selbiges gerettet hat.
Denn als jüngster Spross einer Familie mit acht Kindern wurde Muttis Liebling von Kindesbeinen an schon immer gut gefüttert. „Ich durfte alles, vor allem Süßigkeiten.“ Schon mit 17 wog Thomas Gehrke 200 Kilogramm. Veranlagung hieß es damals. Hinterfragt wurde das massive Übergewicht nicht. „Wenn ich mich wiegen wollte, dann ging das nur auf der Viehwaage bei meinem Chef in Bönen.“
Damals bewegte sich der junge Mann aber noch, fuhr Fahrrad, nahm am Leben teil. Dann spielte der Rücken nicht mehr mit, Thomas Gehrke wurde arbeitslos, zog sich immer mehr zurück. „Es ist ein Teufelskreis, man ist gefrustet und der Frust treibt es hinein. Eine Packung Nudeln konnte ich locker auf einmal essen.“
Künstlich verkleinerter Magen
Doch seit 2011 ist Schluss mit dem Schlingen. Der Magen des heute noch 183 Kilogramm wiegenden Mannes ist nur noch so groß wie eine kleine Banane – ein künstlich verkleinerter Schlauchmagen. Nach seinen Krankenhausaufenthalten in Unna und Dortmund fand Gehrke im Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen West seine Rettung.
17 Monate lag er in dem Zentrum für Adipositaschirurgie, wochenlang auf der Intensivstation, weil die Lunge nicht mehr wollte. „Es ist schrecklich, wenn man da liegt und nichts machen kann. Heute kann mir niemand mehr erzählen, dass man sich mit Übergewicht wohlfühlen kann.“
Seither geht es mit seinem Gemütszustand aufwärts und mit den Pfunden abwärts. Gemeinsam mit seiner Freundin Stephanie Bus (28), die ebenfalls eine Magenverkleinerung bei sich vornehmen ließ, träumt Thomas Gehrke von einer besseren Zukunft und hat sich nach einem Auftritt bei Stern TV auch schon für die Richtung entschieden.
Unterstützung von der Fahrschule
„Wir haben so viele Anfragen und Schreiben von Betroffenen hier aus dem Kreis erhalten, denen ich Mut machen möchte, sich behandeln zu lassen. Mein größter Wunsch ist es, Ernährungsberater zu werden. Das hört sich vielleicht komisch an, aber ich weiß, dass ich die Ausbildung in Dortmund packen werde. Dafür brauche ich jetzt erst einmal einen Führerschein“ Und Thomas Gehrke, der sich ein Gewicht von 120 Kilogramm als Ziel gesetzt hat und der in zwei Jahren seine Freundin heiraten möchte, findet dabei Unterstützung.
Eine Unnaer Fahrschule will ihm den Führerschein stiften, ein Unnaer Fitness-Studio lässt ihn und seine Freundin ein halbes Jahr kostenlos trainieren. Montag kehrt der Mann mit dem eisernen Willen zum Abnehmen zurück in die Klinik. Dort werden die sichtbar gewordenen Folgen der Gewichtsreduzierung behandelt. „Wenn ich heirate, will ich ja auch gut aussehen“, sagt er lachend und nimmt einen Schluck Kaffee.