Duisburg. Gewalt unter Fußballspielern ist vor allem in unteren Spielklassen ein Problem. Härtere Strafen haben die Manieren bei Duisburgs Kreisliga-Kickern zwar verbessert, dennoch wünschen sich unter anderem Schiedsrichter und Verband mehr Prävention - wie zum Beispiel “Runde Tische“ vor Saisonbeginn.
Dreimal binnen weniger Tage kam es auf Duisburger Fußballplätzen zu unschönen Szenen. Erst sollte es einen Faustschlag eines A-Jugendspielers Richtung Zuschauer gegeben haben, dann gerieten am Kreispokal-Spieltag zwei gegnerische Teams und woanders die Zuschauer aneinander. Die Polizei musste schlichten. Alarmierend. Denn ziemlich genau vor einem Jahr häuften sich die Gewaltszenen im Fußballkreis 9 derart, dass auf Kreisebene ganze Spieltage abgesetzt werden mussten, weil sich Schiedsrichter weigerten zu pfeifen. Sie waren damals wiederholt Opfer übler Attacken geworden.
Derzeit bekommt man allerdings auf die Frage, ob eine neue Gewaltwelle in Richtung der Duisburger Fußballplätze rollt, und ob neuerdings auch Zuschauer dabei mitwirken, ein entschiedenes „Nein“ zu hören. „Gerade wenn wir den Vergleich mit dem letzten Jahr ziehen, stehen wir im Moment gut da“, sagt etwa Ulrich Pütz, Vorsitzender der Kreisspruchkammer. Er urteilt über Strafen und Sperren für auffällig gewordene Spieler und weiß daher ganz genau, wie oft und wie schlimm etwas bei Duisburgs Kreisliga-Kickern aus dem Ruder läuft. „Ich glaube nicht, dass der Fußballkreis 9 im Moment ein Problemkreis ist.“
Nichtsdestotrotz dürfe man diese Fälle nicht herunterspielen. „Einige Leute glauben immer noch, dass der Fußballplatz ein rechtsfreier Raum ist. Aber das ist ganz und gar nicht so.“ Mittlerweile würden einige Vergehen sogar auf die Schreibtische der Staatsanwaltschaft weitergereicht und zivilrechtlich geahndet.
Vorbeugen statt Knüppeln
Ob die jüngsten Zwischenfälle auf Duisburger Fußballplätzen nun einen erneuten, negativen Trend belegen oder einfach nur eine „zufällige Häufung“ sind, da ist sich Volkan Alan nicht ganz sicher. Der Schiedsrichter-Obmann des Fußballkreises 9, der die Geschicke der Kreisliga-Kicker in Duisburg, Mülheim und Dinslaken lenkt, hatte eigentlich nach der Gewaltserie insbesondere gegen Schiedsrichter zu Beginn der vergangenen Spielzeit einen „heilsamen Schock“ bemerkt. „Bis zum Ende der letzten Saison hatten wir komplett Ruhe, jetzt wieder ein paar Fälle. Das macht noch keinen Trend aus, aber wir müssen genau hingucken.“
Hooligans suchten vermehrt den Weg zum Amateurfußball
Volkan Alan pfeift selbst seit 25 Jahren, war Schiedsrichter-Lehrwart und kennt sich dank seiner Tätigkeit als Schiri-Verbandsbeobachter mit dem Pfeifen nicht nur auf Kreisebene aus. Für ihn ist Gewalt auf Fußballplätzen vor allem ein Phänomen unterer Klassen. „In einem Oberligaspiel werden sie kaum einmal einen Spieler sehen, der einen anderen Spieler oder den Schiedsrichter tätlich angreift.“ Für Zwischenfälle, in die auch Zuschauer involviert sind, also wie in der vergangenen Woche in Duisburg, kann er das allerdings nicht bestätigen.
„Natürlich können solche Situationen auf kleinen Fußballplätzen leicht entstehen, weil die Zuschauer nah an den Spieler dran sind und die jedes Wort hören. Aber die Regel ist das nicht.“ Vielmehr gelte das Gegenteil: Hooligans suchten aktuell vermehrt den Weg zum Amateurfußball, weil der nicht so strikte Sicherheitsbestimmungen hat wie der Profibereich. „Aber ein Hooligan ist ein anderer Mensch als ein Kreisliga-Zuschauer. Auch wenn der manchmal ebenso meint, sich alles erlauben zu können.“
Fußballkreis reagierte mit härteren Strafen
Dasselbe meint Ulrich Pütz, der Vorsitzende der Spruchkammer für den Fußballkreis 9: „Eine generelle Entwicklung sehe ich nicht.“ Was die Gewalt insgesamt angeht, sei sogar die Krisensaison 2011/2012 „unerklärlich“ gewesen. „Als wir 2007 die Spruchkammer für den ganzen Kreis übernommen haben, hatten wir relativ viele Vorfälle, aber danach eigentlich eine sehr gute Entwicklung.“ Das belegt auch die Statistik: Von 22 Sperren über 6 Monaten und 17 Spielabbrüchen in der Spielzeit 2007/2008 gingen die Zahlen auf neun mindestens halbjährige Sperren und sieben Spielabbrüche in der Saison 2010/2011 zurück.
Der Fußballkreis hatte unter anderem reagiert mit härteren Strafen. Für eine „ehrverletzende Beleidigung“ etwa, gerne genommen das Wort „Hurensohn“, muss ein Spieler im Fußballkreis 9 mit drei Monaten Zwangspause rechnen, vorher wäre er mit maximal vier Wochen davon gekommen. „Wenn ich mich im Februar zu so etwas hinreißen lasse, ist die Saison für mich beendet“, sagt Pütz, „also überlege ich mir das genau.“
Auch habe die gute Zusammenarbeit mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft Früchte getragen. „Alle Sonderberichte eines Schiedsrichters landen bei der Staatsanwaltschaft, die dann entscheiden kann, ob sie auch straf- oder zivilrechtlich ermittelt“, erklärt Volkan Alan. „Dann geht es also im Ernstfall nicht nur um Rote Karten, sondern auch um eine Vorstrafe und mein späteres Leben.“
Idee eines Runden Tisches vor Saison-Start
Umso herber war der Rückschlag in der Saison 2011/2012, als zwölf Sperren über 6 Monaten ausgesprochen und 21 Spiele abgebrochen werden mussten. Der Vorsitzende des Fußballkreises 9, Frank Adams, möchte für diese Entwicklung aber nicht allein den Fußball als Schuldigen ausmachen. „Generell ist die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft größer geworden. Und bei uns im Fußballkreis gibt es nun mal soziale Brennpunkte. Das schlägt sich dann auch im Sport nieder.“
Um in Zukunft der Gewalt Herr zu werden, wünscht sich Volkan Alan mehr Prävention. So sei in der Vergangenheit eine Idee des Fußballkreises, vor der Saison einen Runden Tisch mit Trainern, Schiedsrichtern und Mannschaftskapitänen zu bilden, nur bei fünf von 32 A-Kreisligateams auf Interesse gestoßen. Der benachbarte Fußballkreis Düsseldorf habe gerade in diesen Tagen eine ähnliche Idee angestoßen. „Das wäre bei uns absolut zu begrüßen“, sagt Volkan Alan, „denn es bringt mehr, miteinander zu reden als alle paar Jahre den Knüppel rauszuholen.“