Duisburg. Nachdem die ersten Anlaufstellen für Flüchtlinge ihre Kapazitätsgrenze erreicht haben, müssen nun auch die Kommunen mit mehr Zuzug rechnen. Grund dafür ist vor allem der vergrößerte Flüchtlingsstrom aus Krisengebieten. Kurzfristig bestehe in Duisburg aber kein akuter Handlungsbedarf.
Die Stadt Duisburg macht sich bereit für den vermehrten Zuzug von Asylbewerbern. Weil sowohl die Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in Dortmund und Bielefeld als auch die Zentralen Unterbringungseinrichtungen in Hemer und Schöppingen in den letzten Wochen an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen sind, rechnet man nun auch in den Kommunen mit mehr Asylsuchenden.
Grund dafür ist vor allem der vergrößerte Flüchtlingsstrom aus Krisengebieten wie Syrien, aus Afghanistan, aber auch aus dem ehemaligen Jugoslawien. „Wir sind weit davon entfernt, Katastrophenmeldungen abzugeben“, sagt Andrea Bestgen, Leiterin des Duisburger Amt für Soziales und Wohnen, „aber wir müssen damit rechnen, dass wir uns in nächster Zeit auf mehr Asylbewerber einstellen müssen“.
Bundesweite Entwicklung
Ein Trend, der nicht nur in NRW zu beobachten ist. 5.239 Asylerstanträge zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im August – das sind 16,5 Prozent mehr als im Vormonat und sogar 30,1 Prozent mehr als im August des letzten Jahres. Insgesamt suchten von Januar bis August dieses Jahres 17,7 Prozent mehr Menschen Asyl in Deutschland als im selben Zeitraum 2011. Laut BAMF ist vorerst kein Ende dieser Entwicklung in Sicht.
In der Regel sind die Kommunen auf dem Weg eines Flüchtlings in Deutschland seine dritte Anlaufstation. Zunächst muss er sich bei einer Erstaufnahmeeinrichtung melden, wo der Anspruch auf Asyl geprüft und gegebenenfalls der Asylantrag an das BAMF gestellt wird. In NRW sitzen solche Einrichtungen in Dortmund und Bielefeld; dort bleibt ein Flüchtling etwa eine Woche. Daraufhin geht es für maximal drei Monate in eine der zwei Zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes in Hemer (Märkischer Kreis) oder Schöppingen (Kreis Borken), bis das BAMF eine Prognose für den Antrag abgegeben hat.
Mehr Zentrale Unterbringungseinrichtungen
Danach werden die Asylbewerber mittels eines definierten Verteilerschlüssels in die Kommunen überstellt. Das passiert aktuell immer früher, auch ohne vollständige Erfassung sämtlicher Anträge, weil die Zentralen Unterbringungseinrichtungen nahe an der Kapazitätsgrenze arbeiten.
Deswegen werde auch aktuell daran gearbeitet, einen Standort für eine dritte Zentrale Unterbringungseinrichtung zu finden. Das teilte die Bezirksregierung Arnsberg mit, die landesweit zuständig ist für die Zuweisung der Asylbewerber und die beiden Zentralen Unterbringungseinrichtungen.
Etwa zwei Drittel der Asylbewerber in Duisburg leben in den fünf Übergangsheimen der Stadt. Der Rest wohnt in 88 so genannten „beschlagnahmten Wohnungen“. Also in Wohnraum, der von der Stadt eigens für diesen Zweck und im Einvernehmen mit den Eigentümern angemietet wird. Ein Modell, das für die Stadt günstiger ist als der Unterhalt eines Heimes und das die Vermieter in der Regel begrüßen, weil die Kommune pünktlich überweist.
Viele Übergangsheime geschlossen
2001 gab es 36 Übergangsheime in Duisburg. Noch Anfang dieses Jahres wurden zwei dieser Einrichtungen am Sternbuschweg und an der Helmholtzstraße in Beeck geschlossen. Schon im Zuge dieser Schließungen hatte Sozialdezernent Reinhold Spaniel eingestanden: „Viel darf jetzt nicht passieren. Sonst wird es eng.“ Andrea Bestgen sagt heute: „An weiteren Abbau denken wir im Moment nicht.“ Vielmehr sei sogar die Wiedereröffnung eines Heims durchaus eine bedenkenswerte Option.
Einfacher zu drehen wäre aber die Stellschraube der „beschlagnahmten Wohnungen“. Man stehe, sagt Andrea Bestgen, in „engem Kontakt“ mit Vermietern, die im Notfall auch kurzfristig aushelfen könnten. Ansprechpartner sind in der Regel große Wohnungsgesellschaften wie die Gebag.
Aktuell 773 Asylbewerber
Akuten Handlungsbedarf sieht Andrea Bestgen derzeit noch nicht. 773 Asylbewerber leben in Duisburg – die Kapazitätsgrenze liege weiter oben, es gebe noch eine kleine „Fluktuationsreserve“. Allerdings befinde man sich Alarmbereitschaft. „Weil wir aus der Vergangenheit wissen, dass diese Reserve in solchen Zeiten schnell ausgeschöpft sein kann.“
Die zehn Kommunen mit den meisten Zuweisungen von Asylbewerbern in NRW
Kommune | 1. Quartal 2012 | 2. Quartal 2012 |
Köln | 164 | 68 |
Solingen | 58 | 58 |
Düsseldorf | 80 | 35 |
Bochum | 50 | 60 |
Essen | 60 | 46 |
Dortmund | 81 | 24 |
Bielefeld | 62 | 42 |
Duisburg | 65 | 39 |
Münster | 49 | 50 |
Bonn | 56 | 42 |
Quelle: Bezirksregierung Arnsberg |