Stadtmitte/Neuenkamp. .
Die evangelische Kirche muss sich kleiner setzen, für Pfarrer Krogull gibt es keinen Ersatz. Zudem soll das Matthias-Claudius-Gemeindehaus in Neuenkamp im kommenden Jahr abgerissen werden. Ein Haus mit Tradition. Schon mehr als 100 Jahre wird an diesem Standort Kirchenarbeit geleistet.
Ab sofort findet nur noch einmal im Monat ein Gottesdienst hier statt. Für den sonntäglichen Kirchenbesuch müssen die Neuenkamper zur Salvatorkirche. Das Presbyterium hat schweren Herzens zugestimmt.
61 Euro pro Kopf
Jörg Hoffmann, seit vielen Jahren Presbyteriumsvorsitzender, hat einen Zeitungsausschnitt aus den 70er Jahren dabei. Schon damals war die Rede davon, dass die Kirchensteuermittel zurückgehen und deshalb nicht alle Angebote aufrecht erhalten werden konnten. „Damals gab es in Duissern und in der Altstadt aber noch insgesamt neun Pfarrer“, rechnet Hoffmann vor.
Rund 61 Euro pro Kirchenmitglied stehen der Gemeinde Alt-Duisburg derzeit zur Verfügung. Davon müssen die Pfarrstellen und der Erhalt der Gebäude bezahlt werden. Allein die Salvatorkirche verschlingt pro Jahr rund 106.000 Euro. Der Etat für Gruppenarbeit oder andere operative Aufgaben wird immer kleiner.
„Die Kirche besitzt noch ein paar Häuser in der Stadtmitte, die wir vermietet haben“, erklärt Jörg Hoffmann. Die Einnahmen werden dann für die operative Arbeit verwendet. „Das ist einerseits gut, andererseits wollen auch die Wohnhäuser regelmäßig instand gesetzt werden.“
Nun hat sich das Presbyterium genau angeschaut, wo die Gemeindemitglieder wohnen. Duissern ist stark vertreten, zudem hat die angegliederte Notkirche historische Bedeutung und könne deshalb nicht geschlossen werden. Niemand würde zudem auf die Idee kommen, die Salvatorkirche zu schließen. Sie habe als Stadtkirche eine herausragende Funktion.
„Neuenkamp hingegen ist ein abgegrenzter Bereich“, sagt Jörg Hoffmann, dem es als Neuenkamper besonders weh tut, dass sich die Kirche aus diesem Bereich zurückzieht. Einen Gottesdienst wird es im Matthias-Claudius-Gemeindehaus nur noch am ersten Samstag im Monat geben. Wer sonntags in die Kirche will, muss in die Stadt zur Salvatorkirche reisen. „Die Busverbindungen sind eigentlich ganz gut“, sagt Jörg Hoffmann.
Neubau bietet mehr Platz für die Gemeindearbeit
Hanne Hoffmann und ihre Mitstreiterinnen vom Flötenkreis treffen sich einmal die Woche, um miteinander zu musizieren. Dienstags singen sie zudem im Gemeindehaus. Da dürfen auch Sängerinnen mitmachen, die eigentlich katholisch sind. „Theoretisch ist die Busverbindung ganz gut. Aber, ob sich jemand mit Rollator auf den Weg macht, wird sich zeigen“, bezweifelt Leonore Graf (84). Aber es sei wohl nicht anders zu machen.
„Drei Pfarrer können leider nicht das gleiche Angebot aufrecht erhalten wie vier Personen“, bedauert Christiane Schmidt-Holzschneider, im Presbyterium zuständig für Finanzen. „Das Haus zu restaurieren, würde zu viel Geld verschlingen. Es muss aber dringend etwas gemacht werden. Deshalb haben wir uns entschlossen, einen Neubau zu finanzieren“, erklärt Christiane Schmidt-Holzschneider.
Kindergarten wird integriert
Da trifft es sich gut, dass sich ein Investor gefunden hat, der den Neubau errichtet. Die Kirche mietet zurück. Es ist übrigens der gleiche Investor, der auch schon das benachbarte Einkaufszentrum gebaut hat.
Neben neuem Platz für die Gemeindearbeit wird auch der benachbarte Kindergarten ins neue Haus integriert. Er wird künftig drei Gruppen umfassen. „In Neuenkamp gibt’s viele Kinder und deshalb einen Bedarf an neuen Plätzen.“ Im neuen Gebäude könne auch Betreuung für Jungen und Mädchen unter drei Jahren angeboten werden. Dies sei baulich im alten Kindergarten nicht möglich gewesen.
Zudem wird die Diakonie einziehen. Sie ist in Neuenkamp mit einer sozialpädagogischen Tagesgruppe vertreten. Für die Bauzeit gewähren die katholischen Kollegen, die sich ebenfalls aus dem Stadtteil zurückgezogen haben, den evangelischen Gemeindegliedern Asyl.