Duisburg. Die olympische Bewegung zankte um den Austragungsmodus. Deshalb gilt nicht Wilhelm Ritzenhoff sondern Otto Trieloff als erster Duisburger Medaillengewinner.
Wer Duisburgs erster olympischer Medaillengewinner ist, ist eine sportpolitische Frage. Aus Sicht des Internationalen Olympischen Komitees ist es zweifellos Otto Trieloff von Preußen Duisburg, der 1908 in London die Silbermedaille in der „Olympischen Staffel“ gewann. Allerdings gab es bereits zwei Jahre zuvor, bei den sogenannten „Zwischenspielen“ einen Sieger: Wilhelm Ritzenhoff, der im Tauziehen mit der Deutschen Mannschaft in Athen Gold errang.
Die junge olympische Bewegung der Neuzeit war sich nach den ersten Spielen 1896 in Athen keineswegs einig gewesen. Baron Pierre de Coubertin, Vater der Wiedergeburt der antiken Spiele, wollte eine weltumspannende Bewegung hervorrufen und die Spiele deshalb alle vier Jahre in einem anderen Land veranstalten. Das aber passte den Griechen nicht, die Olympia für sich beanspruchten. Es entstand die Idee, die Spiele alle zwei Jahre zu veranstalten: abwechselnd als internationale Wanderveranstaltung und in Athen. Allerdings fanden diese Zwischenspiele nur einmal 1906 statt - und wurden vom IOC bis heute nicht anerkannt. Was nichts daran ändert, dass die Gewinner von Athen 1906 in so ziemlich jedem Medaillenspiegel auftauchen.
„Eine aufregende Sache“
Und es ändert auch nichts daran, dass Wilhelm Ritzenhoff (1878 bis 1954) in Athen eine Goldmedaille im Tauziehen gewann. Kurzfristig war der Turner vom MTV Marxloh-Bruckhausen (heute Union 02 Hamborn) in die Mannschaft aufgenommen worden, weil er ein kräftiger Bursche war. Der in Essen geborene Gastronom und Kinobetreiber erfüllte die in ihn gesetzten Hoffnungen: Die achtköpfige deutsche Mannschaft zog im wahrsten Sinne des Wortes an einem Strang und kämpfte sich im Turnier bis an die Spitze.
Ralf Heuser: Experte für die lokale Sportgeschichte
Ralf Heuser (55) ist stellvertretender Leiter des Duisburger Stadtarchivs. Doch nicht nur beruflich, auch in seiner Freizeit befasst er sich mit Geschichte und historischer Fotografie. Zahlreiche Bücher hat Heuser schon veröffentlicht. Besonders angetan hat es ihm die Geschichte des Sports in Duisburg im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Heuser hat in vielen Vereinsarchiven gestöbert und eine große Sammlung alter Sportbilder angelegt. Im Jahr 2000 hat er im Mercator-Verlag das Buch „Vom Kaiserberg zur Olympiade“ herausgegeben. Wir danken Ralf Heuser für seine Unterstützung bei der Serie „Duisburger Medaillengewinner“.
Mit den olympischen Spielen nicht ausgelastet
„Die 1600-Meter-Länder-Stafette, in der wir hinter Amerika Zweiter vor Ungarn wurden, war eine aufregende Sache“, formulierte Otto Trieloff in einem handschriftlichen Bericht. „Es gibt nichts Spannenderes als einen Stafetten-Lauf mit dem raschen Wechsel der Situation und Gewinnaussichten.“ Die 200-Meter-Läufer Arthur Hoffmann und Hans Eicke hatten hinter Amerika und Ungarn stark zurückgelegen. Otto Trieloff schaffte es, in 49,7 Sekunden den Rückstand zu den Ungarn bis auf einen Meter wettzumachen und Schlussläufer Hanns Braun machte die Silbermedaille perfekt. Trieloff hatte sich so verausgabt, dass er erst wieder zu sich kam, als das Rennen längst vorbei war.
Dass der gebürtige Duisburger mit den olympischen Spielen nicht ausgelastet war, beweist der Umstand, dass der Lehrer im selben Jahr Deutscher Meister über 400 Meter wurde und seine Doktorarbeit. „Die Entstehung der Rezensionen in den Frankfurter Gelehrten-Anzeigen vom Jahre 1772“ veröffentlichte. Auch Zwillingsbruder Wilhelm (1885 bis 1963) war übrigens ein erfolgreicher Leichtathlet als Läufer, Speer- und Diskuswerfer. Prominent wurde er allerdings nicht durch seine sportlichen Leistungen, sondern in den 20er Jahren als Solist der Duisburger Oper.