Bochum. Halbzeit beim Prozess um banden- und gewerbsmäßigen Betrug vor dem Landgericht Bochum. Dort mussten sich seit März sechs Männer wegen Kreditbetrugs in Millionenhöhe verantworten. Nun wurden die ersten Urteile gesprochen.
Halbzeit beim Prozess um banden- und gewerbsmäßigen Betrug vor dem Landgericht Bochum. Dort mussten sich seit März sechs Männer wegen Kreditbetrugs in Millionenhöhe verantworten.
Unter den Angeklagten war auch der Ex-Vorstand der Centaplan AG, jener Bau-Vermarktungsfirma von der Steinschen Gasse, die im Juni 2009 Pleite machte und damit über 40 Bauherren in Mülheim, Oberhausen und Duisburg an den Rand des Ruins gebracht hatte. Die Hauskäufer waren bereits in Vorleistung getreten, als ihre nicht bezugsfertigen Eigenheime nicht mehr weitergebaut wurden.
Einstellung gegen Geldzahlung
Wie jetzt offenbar wurde, ging Centaplan noch anderen Geschäften nach. Prominentester Angeklagter war der frühere Chef der Stadtsparkasse Düsseldorf, Heinz-Martin Humme, zeitweise Vorstandschef der Düsseldorfer Elja AG, die ebenfalls Finanzierungen vermittelte und insolvent ist.
Für Humme wie den Ex-Centaplan-Vorstand endete der Prozess jetzt mit einer Einstellung der Verfahren gegen Geldzahlungen: Humme muss 50.000 € an die Landeskasse überweisen, der Duisburger Ex-Unternehmer 25.000 €. Einer der Hauptangeklagten dagegen, ein ehemaliger Düsseldorfer Rechtsanwalt und Elja-Aufsichtsrat, wurde wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Er war voll geständig, einen Betrugsschaden in Höhe von rund zwei Mio Euro verursacht zu haben.
Der Verfasser der gefälschten spanischen Kontoauszüge, die im Mittelpunkt des Betrugs standen, ein in Spanien lebender Deutscher, wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Noch fortgesetzt wird der Prozess gegen zwei einschlägig vorbestrafte Männer, einen ehemaligen freien Mitarbeiter der Centaplan AG und einen weiteren ehemaligen Rechtsanwalt.
Freude an Verträgen
Mit der Einstellung des Verfahrens gegen den Ex-Centaplan-Chef bleibt unaufgeklärt, welche Rolle genau er in dem Skandal spielte. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum galt er zusammen mit dem bereits verurteilten Anwalt und seinem freien Mitarbeiter als „Erfinder“ der Masche, wies diese Rolle vor Gericht aber entschieden von sich. Er war auch nur des Betrugs in drei der insgesamt angeklagten 21 Fälle beschuldigt, soll dann wegen eines Streits um die Beute ausgeschlossen worden sein. Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung gilt mit Zahlung des Geldbetrags als erledigt.
Bei den Betrügereien ging es darum, Geschäftskunden gegen Zahlung von Provisionen die Vermittlung von Darlehen in Aussicht gestellt bzw. ihnen Vermögensnachweise bei der spanischen Großbank La Caixa beschafft zu haben. Entweder flossen die Darlehen nie oder die spanischen Kontoauszüge oder Geldzusagen waren gefälscht. Der Verfasser der Fälschungen trat dabei als angeblicher Direktor der La Caixa auf, der für einen Angehörigen des spanischen Königshauses nach Investments suchte.
Der verurteilte Ex-Anwalt fungierte dabei als Überbringer der (falschen) Kontoauszüge aus Barcelona und hatte gegenüber den auf ihre Darlehen wartenden Kunden die Aufgabe, sie mit scheinbar seriösem Gehabe hinzuhalten. Seine Beteiligung an dem Deal begründete er vor Gericht damit, es habe ihm als Juristen große Freude bereitet, Verträge zu entwerfen.
Immobilien-Projekt in den Niederlanden
In einem Fall, in dem die Centaplan AG als Kreditbeschaffer auftrat, ging es im Frühjahr 2008 um ein Darlehen über 4,5 Mio € für ein Immobilien-Projekt in den Niederlanden. Die Centaplan hatte zwar dafür 15.000 € Provision erhalten, jedoch kein Geld aufgetrieben. Sie selbst galt nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Duisburg spätestens ab Herbst 2008 als zahlungsunfähig.
Der Bande gelang es daraufhin, über zwei andere Firmen jeweils 24,2 Mio € bzw. 20 Mio € als Eigenkapital der Niederländer bei der La Caixa „nachzuweisen“. Dabei soll den Niederländern nach Feststellung des Bochumer Gerichts der Unterschied zwischen Darlehen und bloßer „Eigenkapital-Darstellung“ nicht bewusst gewesen sein. Sie gingen jedenfalls Zahlungsverpflichtungen ein, die sie nicht erfüllen konnten und wurden deshalb vom Landgericht Arnheim zu einer Vertragsstrafe von zwei Mio Euro verurteilt.
Kontakte in die Schweiz
Der Ex-Centaplan-Vorstand erklärte den Richtern, über die Abschlüsse seines damaligen Mitarbeiters nicht genau im Bilde gewesen zu sein und geglaubt zu haben, bei den „Eigenkapital-Darstellungen“ habe es sich um Zusagen der La Caixa gehandelt, später ernsthaft eine Finanzierung von Investitionen in diesen Größenordnungen zu prüfen.
Größere Kreise zog ein weiteres „Geschäft“, das im Juni 2008 mit der vermeintlichen Vermittlung eines Darlehens über eine Mio Euro durch die Centaplan an eine Berlinerin begann. Sie fungierte als Geschäftspartnerin eines Süddeutschen mit guten Kontakten in die Schweiz und ging mit ihm schließlich auf Suche nach Kreditnehmern, denen nach der gleichen Masche Beträge bis zu 500.000 € auf Provisionsbasis vermittelt werden sollten.
Diese Kredite waren angeblich durch ein 30-Mio-Euro-Investment der La Caixa gedeckt, wofür aus Spanien über die Elja gefälschte Zusagen vorlagen. In 26 Fällen kassierte das Pärchen über 340.000 € an Provision und wurde im Dezember 2010 vom Amtsgericht Konstanz zu Strafen von drei Jahren für den Mann und zwei Jahren auf Bewährung für die Frau verurteilt.