Duisburg. . Das Käte-Hamburger-Kolleg hat sein neues Domizil im H2 Office am Innenhafen bezogen. Das Institut beschäftigt sich mit “Politischen Kulturen der Weltgesellschaft, Chancen globaler Kooperation im 21. Jahrhundert.“
Ihre Büros sind noch nicht ganz eingerichtet, Telefonleitungen und Farbdrucker fehlen, die Wände sind kahl, an der Tür fehlt das Namensschild. Von außen ist nicht zu erahnen, dass im H2Office an der Schifferstraße im Innenhafen ein neues Schwergewicht der Uni vor Anker gegangen ist. Trotz der reduzierten Einrichtung ist das 27-köpfige Team des Käte-Hamburger-Kollegs kürzlich in seine neue 1000 Quadratmeter große Heimat mitten in Duisburgs Wasserviertel gezogen und hat seine Arbeit aufgenommen.
Aber worin besteht die Arbeit der vorrangig Sozial- und Geisteswissenschaftler überhaupt? „Politische Kulturen der Weltgesellschaft: Chancen globaler Kooperation im 21. Jahrhundert“ heißt der sperrige Titel, der über allem steht. Und was bedeutet das? „Es geht im Wesentlichen um globale Probleme, um Herausforderungen, um globale Lösungswege und die Umsetzung der Lösungen“, sagt Markus Böckenförde, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Kollegs.
"Fellows" sollen nach Duisburg kommen
Finanzkrisen, Klimawandel, Hungersnöte, Bürgerkriege und das Verständnis von Demokratie werden untersucht. Immer in Zusammenarbeit mit deutschen und internationalen Experten. Zehn bis zwölf sogenannte „Fellows“, also Gefährten aus der ganzen Welt sollen jährlich nach Duisburg kommen, um mit den Wissenschaftlern am Käte-Hamburger-Kolleg zusammenzuarbeiten.
Vortrag von Timothy Garton Ash
Für den Auftakt der „Käte Hamburger Lectures“ lädt das Institut alle Interessierten zu Vortrag und Diskussion mit dem britischen Historiker und Schriftsteller Timothy Garton Ash ein. Unter dem Titel „Can (and should) there be global norms for freedom of expression?“ wird Ash, Professor an der Universität Oxford, am 11. Juni am KWI Essen über die Ausgestaltung der freien Meinungsäußerung in einer globalisierten, multikulturellen Welt sprechen.
Mit dem Publikum und Ash will das Kolleg darüber diskutieren, wie die Garantie der freien Meinungsäußerung als Grundvoraussetzung globaler und kulturübergreifender Kooperation gestaltet werden kann.
Ort: Kulturwissenschaftliches Institut (KWI) Essen, Goethestr. 31, 45128 Essen. Uhrzeit: 14.30 - 16.30 Uhr. Anmeldung erwünscht bei Jutta Teuwsen, Käte Hamburger Kolleg, jutta.teuwsen@uni-due.de, Tel: 0203-379-4420.
Der Vortrag findet auf Englisch statt. Ein Transport vom Campus Duisburg zum KWI Essen wird eingerichtet.
Das Institut wird zunächst für sechs Jahre vom Bundesforschungsministerium mit 13 Mio Euro finanziert, weitere sechs Jahre sind optional.
Aber zurück zur Kernfrage: Was sind globale Lösungen und globale Probleme?
Kulturelle Unterschiede können Kooperation behindern
Das Kolleg ist auf vier Säulen aufgebaut: 1. Die (Un)Möglichkeit von Kooperationen. „Nehmen wir das Montreal-Protokoll zum Schutz der Ozonschicht. Im Grunde ist dieses Übereinkommen das einzig rechtlich verbindliche, das von allen anerkannten Staaten getragen wird. Wir wollen wissen, welche Probleme Staaten, Nichtregierungsorganisationen, Gesellschaften überhaupt in Kooperation lösen können.
Dafür bedarf es natürlich einer Kommunikation auf Augenhöhe, womit wir bei der zweiten Säule wären“, sagt Böckenförde. Kulturelle Unterschiede können zu verschiedenen Auffassungen führen, können Kommunikation und Kooperationen behindern. Das lasse sich aber untersuchen und möglicherweise verbessern.
Überprüfung von Organisationen wie Greenpeace
Die dritte Säule beschäftigt sich vorrangig mit der Überprüfung von Beschreibungen einer vorhandenen Struktur von global governance-Organisationen, wie etwa Greenpeace. „Es geht darum herauszufinden, ob unsere derzeitigen Annahmen darüber, wie globale Organisationen funktionieren, auch stimmen“, so der Geschäftsführer.
Die vierte Säule stellt den Begriff Demokratie auf den Prüfstand. „Demokratie bedeutet, je nach dem wo man aufgewachsen und sozialisiert wurde, etwas anderes. Im Westen verbinden wir häufig Fortschritt und gute Ziele damit. Aber dürfen sich Demokratien auch zu einer Schutzmacht erheben, militärisch intervenieren und ihre Form von Demokratie anderen Nationen aufzwingen, wie etwa in Libyen, Afghanistan oder dem Irak?“, fragt Böckenförde. „Und was ist, wenn Wahlen einen Sieger hervorbringen, der dem Westen nicht gefällt, wie etwa die Hamas 2006 in Palästina oder möglicherweise die Muslimbrüder, die die Wahlen in Ägypten gewinnen könnten?“
Kein Think-Tank
Die Experten am Käte-Hamburger-Kolleg wollen Zwischenwege aufzeigen, zwischen militärischer Intervention und höchst kritischen Geschäftsbeziehungen zu unterdrückenden Regimen. „Gleichwohl sind wir kein Think-Tank“, betont Böckenförde. Ihre Untersuchungen, Thesen und Ergebnisse wollen sie regelmäßig mit dem interessierten Publikum teilen. So werden in Duisburg, Essen und Bonn jährlich acht Veranstaltungen geplant, die sich mit aktuellen Forschungsergebnissen und politischen Fragen beschäftigen werden.
Geleitet wird das Kolleg von den renommierten Sozialwissenschaftlern Tobias Debiel (Direktor des Instituts für Entwicklung und Frieden, Duisburg), Claus Leggewie (Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen) und Dirk Messner (Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik, Bonn).