Duisburg. Neuer Zahnreport zeigt: Nur jedes vierte Duisburger Kind unter sechs Jahren geht zu einer Früherkennungsuntersuchung beim Zahnarzt. Damit liegt Duisburg weit hinter anderen Städten. Da es einen Disput um tägliches Zähneputzen in Kitas gibt, beschäftigt das Thema seit März auch die Politik.
Der Zahnreport 2012 der Krankenkasse „Barmer GEK“ liefert für Duisburg keine gute Zahlen: Nur jedes vierte Kind unter sechs Jahren geht zu einer Früherkennungsuntersuchung beim Zahnarzt. Damit liegt Duisburg weit hinter anderen Städten. Denn bundesweit nimmt zumindest jedes dritte Kind an der „individuelle Zahnprophylaxe“ teil.
Schon diese Zahlen waren der Krankenkasse bei der Vorstellung des Reports in dieser Woche eine Warnung wert: „Schäden am Milchgebiss können später Schäden der bleibenden Zähne zur Folge haben“, sagt der Autor der Studie, Professor Thomas Schäfer vom Forschungsinstitut in Hannover. Sein Appell: „Wir müssen die Akzeptanz der kleinkindlichen Früherkennungsuntersuchung stärken, insbesondere in sozial schwachen Familien.“ Besonders die Gruppenprophylaxe in den Kindergärten müsse ausgebaut werden.
Das Thema beschäftigt seit März auch die Duisburger Politik. Als Grünen-Ratsfrau Nazan Aksu hörte, dass die Zahnpflege in Kitas untersagt sei, wenn nicht jedes Kind seine eigene Zahnbürste verwendet, hakte sie nach. „Unsinn“ sei das, sagte Bernd Schröder vom Gesundheitsamt der NRZ. Er ist zugleich auch Vorsitzender des Arbeitskreises „Zahnmedizinische Prophylaxe“, der zweimal jährlich in allen Kitas vor Ort ist und auch kostenlos Zahnbürsten und Zahnputzbecher verteilt. Schröder weiß: Von den 14 000 Kindern in Duisburg putzen 6000 in den Kitas täglich die Zähne, die anderen 8000 nicht. Würde überall geputzt, wäre das schon einmal ein Anfang. Doch viele Kitas schieben Zeitmangel oder eben Hygienegründe vor.
Gruppenprophylaxe ist keine Pflicht mehr
Tatsächlich sind Kitas gesetzlich nicht verpflichtet, mit den Kindern täglich Zähne zu putzen. In „etlichen“ Kitas in sozialen Brennpunkten geschehe dies laut Jugendamtsleiter Thomas Krützberg aber dennoch - weil die Eltern nicht verlässlich dafür Sorge tragen. Und auch mit allen Kindern, die den ganzen Tag in der Kita sind, werden nach jedem Mittagessen die Zähne geputzt.
Es sei aber auch fraglich, ob tägliches Zähneputzen in der Kita überhaupt hilft. „Die Erfahrungen der Praxis sprechen dagegen“, so Krützberg. Denn gerade in den Brennpunkt-Kitas, in denen seit Jahren täglich Zähne geputzt werden, steigen dennoch die Kariesfälle an. Das zeigen die jährlichen Untersuchungen des Gesundheitsamts. Die Stadt erfülle mit den Maßnahmen den gesetzlichen Auftrag, mehr sei nicht drin, heißt es in einem aktuellen Papier von Krützberg an den Jugendhilfeausschuss. Ohnehin sei entscheidend, das solche Maßnahmen im Elternhaus unterstützt und ergänzt werden. So könnten wohl nur Kurskonzepte für Eltern die Situation verbessern.
Gesunde Zähne hängen mit sozialer Herkunft zusammen
Das neue Kibiz-Gesetz hat zudem die Vorsorge aufgeweicht. Gruppenprophylaxe ist keine Pflicht mehr. Der Arbeitskreis tut was er kann, er schreibt alle Eltern an, deren Kinder in die Kita kommen.
Dass gesunde Zähne mit der sozialen Herkunft zusammenhängen, hat die Stadt bereits in ihrem Zahngesundheitsbericht 2009 festgestellt. Von der Zielvorgabe der Bundeszahnärztekammer sind manche Ortsteile noch weit entfernt: Bis 2020 sollen mindestens 80 Prozent der Sechsjährigen ein „naturgesundes“ Milchgebiss haben. Zwar lag der Wert laut letztem Bericht im stadtweiten Schnitt bei rund 68 Prozent. In Ortsteilen wie Fahrn, Hochfeld, Laar, Vierlinden und Overbruch hatten allerdings mehr als 40 Prozent der Kinder mindestens einen behandlungsbedürftigen Milchzahn.