Duisburg.

Ein Jahr Pause nach dem ganzen Lernstress. Etwas Interessantes machen, die Welt entdecken, statt gleich die nächste Schulbank drücken. Das wünschen sich viele Abiturienten.

Und nach der Schulzeit hat man auch am meisten Zeit dafür. Zahlreiche Möglichkeiten, vom Praktikum im Ausland über das Jahr als Au-pair bis hin zum Freiwilligen Ökologischen Jahr, es ist die Zeit der unbegrenzten Möglichkeiten.

2012 ist alles anders. Der Doppeljahrgang 2013 droht die Universitäten und den Ausbildungsmarkt zu überschwemmen. Die erforderlichen Notendurchschnitte sind ohnehin schon viel zu hoch und sorgen für lange Wartezeiten und Studenten, die es ins Ausland zieht. Da traut sich kaum noch jemand, ein Jahr lang einfach mal das zu machen, worauf er oder sie Lust hat. „Eigentlich wäre ich gerne nach Kanada gegangen, aber das war blöd wegen der Studienplätze nächstes Jahr“, so die Abiturientin Viviane Flechtner.

Der Ernst des Lebens

Die Angst ist groß, nach der einjährigen Pause nichts mehr zu finden. Statt eines „Gapyears“ wartet der Ernst des Lebens auf die meisten Abiturienten. Zu allem Übel machen auch die Schulen Druck. Bei Informationsveranstaltungen wird den Schülern klar gemacht, wie schwierig es für sie wird, nach dem Abitur Fuß zu fassen. „Da draußen gibt es Tausende, die besser sind als ihr“, ist eine der Parolen, von denen die Oberstufenschüler sich oft einschüchtern lassen.

Anders Angelina Wolf. Die Abiturientin des Mannesmann-Gymnasiums in Huckingen lässt sich von dem drohenden Doppeljahrgang nicht abschrecken. „Ich bin da ganz entspannt“, so die Achtzehnjährige. Wahrscheinlich auch, weil sie sowieso nicht in NRW bleiben will und noch kein festes Ziel vor Augen hat.

Ställe ausmisten auf einer Farm in Norwegen

Statt direkt weiter zu lernen wird sie von Dezember bis Juni auf einer Farm in Norwegen aushelfen. Nach Skandinavien wollte sie schon immer und sie hat ganze elf Jahre Reiterfahrung. Da ist die Farm mit Kühen, Pferden, Hunden, Schafen und Hühnern genau das Richtige. Es wird kein Urlaub auf dem Reiterhof, darüber ist Angelina sich im Klaren. Sie wird wohl eher die Ställe ausmisten statt zu reiten und kleine Tiere zu streicheln. Aber genau das ist die Herausforderung, die sie so reizt. Ihre Gastfamilie hat sie über die Organisation „Travelworks“ kennen gelernt.

Neben den Eltern leben noch zwei Kinder und ein Enkelkind auf dem Hof, die Zeit wird also vermutlich nicht langweilig. Sie freut sich schon auf die neue Erfahrung, nur ihren Hund wird sie sehr vermissen. Ganz sorglos sieht aber auch Angelina nicht in ihre Zukunft. Noch vor ihrer Reise wird sie sich auf Ausbildungsplätze zur Veranstaltungskauffrau bewerben. Erst wenn die Ausbildung in trockenen Tüchern ist, wird sie fahren. Danach will sie vielleicht noch studieren oder gleich ein Duales Studium absolvieren. Mal sehen, was die Zukunft bringt.