Duisburg. . Immer häufiger werden Außendienst-Mitarbeiter des Ordnungsamtes bei ihrer Arbeit attackiert. Zuletzt am Mittwoch, als ein Falschparker eine Politesse verprügelte. Es gibt mehr Menschen mit einer geringen Hemmschwelle für Attacken auf Uniformträger, hat Abteilungsleiter Helmut Peitz festgestellt.
Auf die Nachricht vom tätlichen Angriff auf eine Politesse am Mittwoch in Wanheimerort reagierten zahlreiche Leser mit Betroffenheit und Bestürzung. Attacken auf die Außendienst-Mitarbeiter des Ordnungsamtes häufen sich in auffälliger Weise: Dies war bereits der dritte in den vergangenen fünf Monaten. Helmut Peitz (58), für die Verkehrsüberwachung zuständiger Abteilungsleiter im Ordnungsamt, sprach über dieses Thema mit WAZ-Redakteur Thomas Richter.
Herr Peitz, die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es ihrer Mitarbeiterin?
Helmut Peitz: Ich habe Donnerstagmorgen mit ihr gesprochen. Sie ist dienstunfähig, konnte das Krankenhaus nach ambulanter Behandlung aber verlassen und ist nun zu Hause. Sie hat durch die Tritte und Schläge des Täters schwere Prellungen erlitten. Und sie ist natürlich geschockt. Wir haben ihr bereits psychologische Hilfe angeboten. Die Kräfte unserer verwaltungsinternen Beratungsstelle wollen das Geschehene mit ihr aufarbeiten.
Wie hat die Betroffene den Vorfall denn erlebt?
Ein Mindestmaß an Hilfe
Erschreckend ist die Zahl und die Heftigkeit der körperlichen Attacken, der sich immer mehr Uniformträger ausgesetzt sehen. Dieser bundesweit zu beobachtende Trend zeichnet sich leider auch in dieser Stadt ab. Das bestätigt die Polizei. Das bestätigen Erst- und Notfallhelfer von Feuerwehr und Rotem Kreuz. Das bestätigen aber auch die Mitarbeiter der städtischen Verkehrsüberwachung. Den jüngsten Vorfall in Wanheimerort nutzte Ordnungsamts-Abteilungsleiter Peitz für einen Appell an die Bevölkerung zu mehr Zivilcourage. Leider gebe es immer wieder Augenzeugen, die bei Vorfällen wie dieser Politessen-Attacke einfach wegsehen würden. Es muss sich niemand durch ein aktives Eingreifen selbst in Gefahr bringen. Aber die Polizei zu alarmieren, das kann nicht nur jeder. Das muss sogar jeder! Es ist das verpflichtende Mindestmaß an Hilfe.
Peitz: Ein Wagen stand in der Nähe der städtischen Kliniken auf einem Gehweg im absoluten Halteverbot. Als unsere Mitarbeiterin das Kennzeichen notierte, kehrten zwei Männer zum Auto zurück. Sie fragte nach den Papieren, das Duo hatte jedoch keine dabei. Als sie sagte, dass sie für die Halterfeststellung nun die Polizei rufen müsse, tickte der Beifahrer aus. Mit Tritten in Kung-Fu-Manier griff er die Frau an. Sie wehrte sich und konnte nach der Flucht der Männer sofort per Handy einen Notruf bei der Polizei absetzen. Das Kennzeichen hatte sie glücklicherweise schon vorher erfasst. Wir haben nun Strafanzeige gestellt.
Häufen sich in jüngster Zeit Fälle dieser Art?
Peitz: Eindeutig ja! Dies war bereits die dritte körperliche Attacke auf einen unserer Mitarbeiter in nur fünf Monaten. Zunächst wurde im Dezember in Hochfeld ein Kollege absichtlich von einem im Auto sitzenden Knöllchensünder angefahren. Im Januar folgte auf dem Parkplatz des St. Vincenz-Hospitals im Dellviertel der Angriff auf eine Mitarbeiterin. Und nun der Vorfall in Wanheimerort. Die beiden Täter in den ersten Fälle wurden übrigens ermittelt. Die Strafverfahren laufen noch.
Was sind die Gründe für diese Entwicklung?
Peitz: Es gibt immer mehr Menschen mit einer geringen Hemmschwelle für Attacken auf Uniformträger – vor allem, wenn es um ihr Auto geht. Auch die Polizei bestätigt diesen Trend. Wir beobachten das schon seit längerem, extrem ist es aber erst in den letzten Jahren geworden. Unsere Außendienstkräfte müssen im Alltag zudem viele Beleidigungen über sich ergehen lassen, wobei wir auch hier nun in jedem einzelnen Fall konsequent Strafanzeige erstatten.
Wie können Sie Ihre Mitarbeiter vor Übergriffen dieser Art schützen?
Peitz: Eine 100-prozentige Sicherheit können wir leider nie garantieren. So etwas gehört leider zum Berufsrisiko. Wir trainieren aber mit unseren Mitarbeitern vor allem deeskalierendes Verhalten. Es geht dabei auch um eine ruhige, seriöse und kompetente Ansprache an Verkehrssünder. Sollte eine Situation eskalieren, empfehlen wir im Notfall die Flucht. Die Gesundheit geht immer vor.
Wie waren die Reaktionen in der Belegschaft?
Peitz: Wir haben in Duisburg rund 50 Kräfte in der Verkehrsüberwachung im Einsatz, 80 Prozent davon sind Frauen. Viele von ihnen hatten sich nach Bekanntwerden des Vorfalls ausgetauscht. Donnerstagmorgen haben wir uns zudem noch mit den Mitarbeitern der Frühschicht zusammengesetzt und mit ihnen diskutiert. Viele waren tief getroffen, einige sogar verängstigt. Und alle sind sich einig, dass ihnen früher viel mehr Respekt gezollt wurde.