Duisburg.. An der Lise-Meitner-Gesamtschule in Duisburg-Rheinhausen hat zum neuen Schulhalbjahr erstmals alevitischer Religionsunterricht an einer weiterführenden Schule begonnen. Schulministerin Sylvia Löhrmann besuchte die Klasse.
Bei einer „weltweit einmaligen Premiere“ ist auch Schulministerin Sylvia Löhrmann nicht alle Tage. Entsprechend groß war der Medienauflauf in einer Schulklasse der Lise-Meitner-Gesamtschule in Rheinhausen. Hier wird erstmals auch an einer weiterführenden Schule Alevitischer Religionsunterricht erteilt.
Das Alevitentum ist im Islam eine eigenständige Richtung, die Gemeinde eine anerkannte Religionsgemeinschaft. Die Werte und Einstellungen stehen nach Einschätzungen der Landesregierung im Einklang mit unserer Grundordnung. Das neue Schulfach, dessen Unterrichtsprache Deutsch ist, wird benotet und ist versetzungsrelevant.
Tests will Ekrem Sahin aber nicht schreiben. Er ist eigentlich Lehrer für Technik und Mathematik, inzwischen hat er sich aber als einer der ersten zertifizieren lassen für diesen Religionsunterricht. Seit dem Sommer hat er eine Gruppe mit Fünft- und Sechst-Klässlern, jetzt sind also die Jahrgangsstufen 7 bis 9 dabei. Rund 20 Kinder sind es insgesamt, Tendenz steigend.
In der Türkei verfolgt
„Die Aleviten wurden in der Türkei verfolgt“, erklärt Sahin, „diese Last legen sie erst allmählich ab, bekennen sich zu ihrer Religion und melden ihre Kinder offiziell an.“ Sein Unterricht will den Kindern ihren Glauben nahe bringen, ihre Feiertage, ihre Geschichte. „Interreligiosität schreiben wir aber auch groß“, betont Sahin, der mit den Kindern auch Synagoge, Kirche oder Moschee besuchen will. Wie zum Beweis ist die junge Saz-Spielerin Deniz, die zur Feier des Tages den Unterricht bereichert, eine Sunnitin.
Ministerin Löhrmann betont das Grundrecht auf freie Religions-Ausübung: „Wenn es richtig ist, dass evangelischer und katholischer Unterricht stattfindet, dann gilt das auch für alevitischen, muslimischen, jüdischen.“ Für sie sei das ein Beitrag zur Integration: „Ihr gehört hierher, ihr gehört dazu, und ihr könnt eure Religion leben.“
Dankbar für das Angebot
Für den Bundesverband der Alevitischen Gemeinden ist der Unterricht eine „historische Errungenschaft“, sagt der Vorsitzende Turgut Öker. Ali Ertan Toprak vom Vorstand ergänzt, dass in der Türkei nur die sunnitische Religion anerkannt sei, keine Religionsfreiheit herrsche. Umso dankbarer sei man nun für dieses Angebot. Als „gelebte Anerkennung“ bezeichnet Löhrmann das Angebot, das zukünftig auch in andere Städte übertragen werden soll.
Yunus, 16 Jahre alt, ist in der Pionierklasse. „Für uns ist es wichtig, etwas über unsere Religion zu lernen. Früher habe ich viel von meiner Großmutter gelernt, aber sie lebt leider nicht mehr.“ Yunus will sein Wissen später auch an seine Kinder weitergeben, sie sollen nicht nur auf das Cem-Haus (ähnlich einer Moschee) angewiesen sein.