Duisburg. . Jürgen Theis ist der Wirt des Röttgersbacher Senftöpfchens. Hier wird des Öfteren der Tag zur Nacht gemacht.
Um 19 Uhr ist es im Senftöpfchen in Röttgersbach schon recht voll - dabei hat der Abend noch gar nicht richtig angefangen. Heute werden hier vier Comedians auf der kleinen Bühne auftreten, um das Publikum zu unterhalten. Um diese Uhrzeit unterhalten sich die Gäste aber lieber noch miteinander. Die großen Tische im Raum sind nahezu voll, es wird gegessen und geredet, der Lärmpegel ist enorm, im Hintergrund läuft Musik. Am Tresen sitzen ein junges Pärchen, knutschend, einen Meter weiter isst ein älterer Herr Pizza. Jürgen Theis zeigt auf den runden Stehtisch in der Mitte des Raumes, um den lauter junge, hübsche Frauen stehen. „Da drüben, da stehen drei meiner Kellnerinnen und zwei Ex-Kellnerinnen von mir. Ein schlimmer Chef kann ich nicht sein, sonst würden die ja nicht in ihrer Freizeit hierher kommen“, sagt Jürgen Theis und lacht.
Learning-by-doing
Der Senftöpfchen-Wirt hat das Lokal vor 12 Jahren übernommen. „Ich hatte am Anfang keine Ahnung davon, wie man eine Kneipe betreibt - im ersten Jahr habe ich alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte, ich musste richtig bluten“, erinnert sich Theis, „dann ging’s aber, ich habe mir das nach und nach mit Learning-by-Doing selbst beigebracht.“ Das Senftöpfchen gibt es seit 25 Jahren in Röttgersbach. „Das ist ja eigentlich gar kein eigener Stadtteil - aber erzählen Sie mal ‘nem Röttgersbacher, er sei Marxloher, das gibt Ärger.“
Eine Karriere als Wirt - das war so nicht geplant gewesen. „Ich habe Geografie und Mathematik auf Lehramt studiert und habe während meines Studiums angefangen, bei einer Versicherung zu arbeiten - da habe ich irgendwann soviel Geld verdient, dass ich nach dem 1. Staatsexamen das Lehramtsstudium abgebrochen habe.“ Irgendwann habe es ihm bei der Versicherung nicht mehr gefallen - er hat sich auszahlen lassen und von dem Geld das Senftöpfchen an der Röttgersbachstraße 89 gekauft.
90 Prozent Stammgäste
Wie viel Arbeit - und vor allem Nachtarbeit - damit auf ihn zukommt, hat er wohl damals nicht geahnt. „Ich komme schon auf 70 bis 80 Stunden in der Woche“, schätzt der Wirt, „das Senftöpfchen hat nur montags zu, ansonsten geht’s hier unter der Woche bis Mitternacht oder etwas länger, am Wochenende bis 3 Uhr nachts, manchmal aber auch bis um 6 Uhr“. Gern erinnert er sich an den Tag, als das Frühstücksfernsehen im Senftöpfchen war, um über eine Duisburgerin zu berichten, die dort ihren politischen Stammtisch hat. „Die haben um 4 Uhr morgens angefangen, aufzubauen, da waren hier natürlich noch Gäste“, erinnert sich Theis lachend, „und als dann um 6 Uhr Drehbeginn war, mussten die alle Kaffee und Wasser trinken und ihr Bier verstecken.“ Am Vormittag habe er dann einen Anruf von einem Stammgast aus der Türkei bekommen. „Der sagte: ‘Da denk ich mir nichts Böses hier in meinem Urlaub und schalte den Fernseher ein - und was sehe ich da: Meine Stammkneipe! Nicht mal im Urlaub hat man seine Ruhe vor dir’.“
Ruhe hat Jürgen Theis auch wenig. „Ein Leben neben der Kneipe ist so gut wie unmöglich, als Wirt ist man hier ein Teil des Inventars“, sagt Theis, „ich habe Gott sei Dank eine Lebensgefährtin, die hinter mir steht und mich unterstützt.“ Etwas anderes zu machen, könne er sich trotzdem nicht vorstellen. „Ich habe 90 Prozent Stammgäste, das ist alles sehr familiär hier. Ich bin früher schon selbst gern in Kneipen gegangen, vorm Fernseher rumhängen war nie mein Ding - mein Leben ist diese Kneipe.“