Duisburg. . Nach WAZ-Informationen lehnt die Stadt Duisburg eine Bekanntgabe von Zwischenständen im Abwahlverfahren des OB Sauerland ab. Die Begründung des Duisburger Rechtsamtes bezieht sich auf mögliche Wahlbeeinflussungen.

Per Fax hat die Stadt Duisburg am Donnerstag nun endlich ihre Einschätzung zur Bekanntgabe von Zwischenständen der Wahlbeteiligung bei der Briefwahl zur Prüfung an die Bezirksregierung geschickt. Nach WAZ-Informationen lehnt sie eine Bekanntgabe im Vorfeld ab.

Der Entwurf aus dem Rechtsamt war im Rathaus liegen geblieben, weil Sozialdezernent Spaniel als amtierender Wahlleiter in Vertretung des urlaubenden Stadtdirektors Greulich schlicht wegen einer Dienstreise nach Berlin nicht unterschreiben konnte und dies erst sozusagen als erste Amtshandlung nach seiner Rückkehr erledigen konnte.

Das zweiseitige Schreiben ging direkt an die Regierungspräsidentin Lütkes, die Donnerstagnachmittag aber nicht mehr im Büro war. Bezirksregierungssprecher Hamacher erklärte: „Das ist eine schwierige Rechtsfrage, wir werden uns aber sehr beeilen, der Stadt eine Antwort zu geben.“

Über das Abwahlverfahren

Klaus Becker:
Klaus Becker: "Es ist nicht leicht zu beurteilen, ob das Abwahlverfahren falsch oder richtig ist. Das wäre zu einfach gedacht, da viele Initiatoren die Loveparade möglich gemacht haben. Es ist richtig, dass OB Sauerland im entscheidenden Augenblick viele Fehler gemacht hat, aber gilt nicht für den OB das gleiche Recht, wie für alle, „im Zweifelsfalle für den Angeklagten“? Ich habe kein Verständnis für die „Treibjagd auf den OB“. Man hat den Eindruck, dass eine kleine Anzahl Bürger ihren Willen durchsetzen will. Ich glaube nicht, dass das Abwahlverfahren Erfolg haben wird. Sauerland wurde mit großer Mehrheit gewählt." © WAZ FotoPool
Bärbel Trippelsdorf:
Bärbel Trippelsdorf: "Das Abwahlverfahren des Oberbürgermeisters sehe ich ambivalent: Natürlich hat er sich durch Missachtung der Vorsichtsmaßnahmen schuldig gemacht, aber nicht nur er alleine. Daher bin ich der Meinung, dass bei einem Abwahlverfahren nicht nur er, sondern alle für die Loveparade Verantwortlichen abgewählt und belangt werden müssten. Insofern brächte für mich persönlich eine Abwahl des OB keine Klarheit. Die kann nur das Ergebnis des langatmigen Strafverfahrens bringen. „Jetzt muss es mal gut sein“ ist eine verdrängende Devise, die im Interesse der vom Unglück betroffenen Opfer niemals greifen darf." © WAZ FotoPool
Serdar Bozkurt:
Serdar Bozkurt: "Man möchte, dass in der Stadt, in der man lebt, eine funktionierende Stadtverwaltung tätig ist. Der Eindruck zur Zeit hingegen ist Stagnation. Ich bin gewohnt, dass sowohl in der Wirtschaft, am Arbeitsplatz usw. nicht nur Pflichten, sondern auch Verantwortung übernommen werden muss. Deshalb bin ich der Meinung, dass der Oberbürgermeister keine Respektperson mehr ist. Nicht nur die einheimische, sondern auch die ausländische Presse sieht unsere Stadt kopflos. In einer Stadt mit fast einer halben Millionen Einwohner müssten 55.000 Unterschriften erreichbar sein. Für die zukünftige Generation, ist es auch wichtig, dass sie lernen, dass Verantwortung getragen werden muss." © WAZ FotoPool
Dirk R. Schuchardt:
Dirk R. Schuchardt: "Ich bin froh darüber, dass das Bürgerbegehren in Gang kommt. Es bietet dieser Stadt endlich die Chance auf Heilung, die wir alle dringend brauchen. Sicherlich trifft Sauerland keine persönliche Schuld. Als oberster Repräsentant der Stadt trägt er aber eine moralische Verantwortung für das Versagen des Apparates. Das Abwahlverfahren wird, nein muss (!) gelingen, ist es doch Ausdruck einer lebendigen Demokratie in Zeiten einer allseits propagierten Politikverdrossenheit. Auch die Mitarbeiter in der Stadtverwaltung warten darauf, dass es einen Neuanfang gibt und die Stadt aus ihrer Erstarrung gelöst wird." © WAZ FotoPool
Siegfried Schmidt:
Siegfried Schmidt: "Ich halte das Verfahren für unbedingt erforderlich, um den Duisburger Bürgern eine Plattform zu geben, sich zu dem unsäglichen Verhalten der Politik rund um den OB und der Verwaltungsspitze zu artikulieren und ein – möglichst nachhaltiges – Zeichen zu setzen. Ob das gewünschte Ergebnis zustande kommt, scheint mir indes im Moment zweifelhaft. 55.000 Bürger zu mobilisieren, wird nicht einfach sein. Wird die Stimmenzahl erreicht, ist das ein Signal an alle politischen Kräfte. Wird die Zahl verfehlt, wird das bürgerliche Lager mit Häme daher kommen. So gesehen könnte das OB-Abwahlverfahren tatsächlich eher schaden. Dieses Risiko muss aber um der Sache willen eingegangen werden." © WAZ FotoPool
Doris Stegemann:
Doris Stegemann: "Ich halte das Abwahlverhalten für richtig, da es den Bürgern dieser Stadt eine Möglichkeit bietet demokratisch ihre Meinung zu äußern und ihr Recht einzufordern! Die Initiative, die dies in Bewegung setzt , hat meinen Respekt und meine Solidarität. Ich bin optimistisch und glaube, dass es genug Unterschriften geben wird und dann auch mehr Klarheit und es hoffentlich endlich etwas bewegen wird! Persönlich ist Oberbürgermeister Adolf Sauerland nicht der „Schuldige“ für mich, aber in seiner Funktion als Chef unserer Stadtverwaltung, hat er die Verantwortung zu übernehmen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen!" © WAZ FotoPool
Elsa Cremers:
Elsa Cremers: "Der Mann muss seinen „Hut“ nehmen. Er trägt die politische und moralische Verantwortung. Auch wenn man ihm keine direkte Schuld zuweisen kann. In jedem Betrieb ist das so, wenn ein Mitarbeiter „Mist“ gebaut hat , trägt der Chef die Verantwortung. Da gibt es viele, viele Beispiele. Ich werde auf jeden Fall unterschreiben. Entschuldigen Sie Herr Sauerland, aber die Stadt braucht wieder Ruhe. Die Toten dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Aber was ist mit den Verletzten und den Traumatisierten und deren Angehörige? Auch Adolf Sauerland und die Familie hat Wunden davon getragen, oder? Das hätte so nicht sein müssen, wenn sofort reagiert worden wäre." © WAZ FotoPool
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Keine Veröffentlichungen bis zum (Ab)Wahltag

Nach WAZ-Informationen verweist das Rechtsamt in seiner Stellungnahme auf zwei Urteile der Oberverwaltungsgerichte in Münster und in Sachsen zu Verfahrensfehlern bei Wahlen, die Gefahren der nachträglichen Unzulässigkeit der Wahlen in sich bergen. Aus Sicht der Rathaus-Juristen würde die Bekanntgabe der Briefwahl-Beteiligung zu unzulässigen Wahlbeeinflussungen führen.

Deshalb lehnt es entsprechende Veröffentlichungen in den kommenden Wochen bis zum Abstimmungssonntag am 12. Februar ab. An dem Sonntag selbst soll lediglich einmal ein Zwischenstand bekanntgegeben werden.