Duisburg. .

„Bilderbücher aus Duisburg - Geschichte und Produkte des Verlags J. A. Steinkamp“ - so bescheiden wie sein Titel kommt das Büchlein daher, das jetzt im Mercator-Verlag erschienen ist. Es will Sammlern helfen, ihrem Gebiet einen weiteren Hintergrund zu verschaffen und vermitteln, dass vor mehr als 150 Jahren im Ruhrgebiet an mehr als an „Kohle“ gedacht wurde, schreibt der Duisburger Autor Hans-Dieter Bunk.

Eine sympathische Untertreibung, bietet das keine 100 Seiten starke Bändchen doch vorzüglichen Lesestoff. Mit archäologischer Leidenschaft und Sorgfalt hat der Bissingheimer Bunk, der selbst eine umfangreiche Sammlung von Steinkamp-Büchern besitzt, unterstützt von Christoph Steinkamp, dem Ururenkel des Verlags-Gründers, die Geschichte des 1851 in Duisburg gegründeten Verlags zusammengetragen. In wohlgesetzten Worten bringt Bunk seinen Lesern ein Stück Duisburger Vergangenheit zur Kenntnis, samt wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Aspekten, die ansonsten wohl völlig in Vergessenheit geraten wäre, weil auch im Stadtarchiv kaum Zeugnisse der Verlagsgeschichte zu finden sind.

Mutiger Gründervater

Nein, in die Wiege gelegt war es ihm wahrlich nicht. Als Johann Albert Steinkamp am 2. Juni 1825 das Licht der Welt erblickte, ahnten seine Eltern nicht im geringsten, dass er mal einen bedeutenden Kinderbuchverlag in Duisburg gründen würde. Der Stammhalter sollte das tun, was dem Erstgeborenen als Recht und Pflicht zustand: den stattlichen Schulte-Loosen-Hof mit seinen knapp 50 Hektar Land übernehmen, der bereits seit ungefähr 1760 im Familienbesitz war und zu der kleinen Gemeinde Damm (heute zu Schermbeck gehörend) zählte.

Doch Johann Albert hatte andere Ambitionen. Er wollte unbedingt Lehrer werden, zog deshalb nach Moers und wohnte bei einem Pastor, der Verse für Kinderbücher schrieb. Nach abgeschlossener Ausbildung nahm Steinkamp eine Stelle als Hilfslehrer in Gartrop an, wo er über seinen Kollegen Philipp Jacob Beumer den Buchhändler August Bagel kennenlernte, der auch eine Druckerei sein eigen nannte. Die neue Technik des Steindrucks, die Lithographie, schlug Steinkamp völlig in ihren Bann. Erneut warf er die Brocken hin, verzichtete auf seine einigermaßen sichere Stellung als Lehrer und ging fortan bei August Bagel in Wesel in die Lithographielehre.

Bilderbücher aus Duisburg wiederbelebt

Hans-Dieter Bunk aus Duisburg-Bissingheim hat 250 Bücher des Duisburger Verlags J.A. Steinkamp zusammengetragen.
Hans-Dieter Bunk aus Duisburg-Bissingheim hat 250 Bücher des Duisburger Verlags J.A. Steinkamp zusammengetragen. © WAZ FotoPool
Das Foto zeigt Bunk in seinem Arbeitsszimmer.
Das Foto zeigt Bunk in seinem Arbeitsszimmer. © WAZ FotoPool
Ein Bild aus
Ein Bild aus "Bilderbücher aus Duisburg", hier aus: "Ihr Kinderlein kommet" © WAZ FotoPool
Der Steinkamp-Stand im Stentzlers Hof bei der Leipziger Buchmesse um 1922.
Der Steinkamp-Stand im Stentzlers Hof bei der Leipziger Buchmesse um 1922. © WAZ FotoPool
Der alte Schriftzug der Firma.
Der alte Schriftzug der Firma. © WAZ FotoPool
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Gründung einer "lithographischen Anstalt"

Nach der Lehre und einer Arbeitszeit als Gehilfe bei Bagel beschloss Johann Albert Steinkamp, sich selbstständig zu machen. Und so gründete er 1851 in Duisburg an der heutigen Gutenbergstraße eine „lithographische Anstalt“, womit er ein hohes Wagnis einging. Duisburg war damals mit 13.000 Einwohnern eine „schmuddelige Kleinstadt“ (Bunk) in Konkurrenz zum selbstständigen Ruhrort.

In dieser Zeit, in der die Industrialisierung mit Riesenschritten voraneilte, kümmerten sich die Menschen kaum um Kinder- und Jugendliteratur. Trotzdem entwickelte sich Steinkamps Buchbinderei und Druckerei so gut, dass der Betrieb 1867 erweitert wurde. Am Springwall 4 (das Gebäude ist noch heute im Besitz der drei Ururenkel) bezogen die Steinkamps ein Wohnhaus, brachten Druckerei, Buchbinderei und Verwaltung dort unter. Ein echter Familienbetrieb. Johann Albert schmiedete selbst Verse, verfasste Texte, sammelte Märchen. Tochter Maria hatte das Talent geerbt und tat es ihm nach, und auch die Söhne Rudolf und Otto wollten im Verlag mitarbeiten. Das aber war dem Vater gar nicht recht. Weshalb die Brüder einen eigenen Verlag innerhalb des väterlichen Betriebes gründeten, der ähnliche Produkte herstellte.

Das hätte zur Zerreißprobe für den Verlag werden können. Ein tragischer Unfall verhinderte es. 1892 geriet Johann Albert mit einem Arm in eine rotierende Maschine und war gezwungen, den Betrieb an seine Söhne zu übergeben.

Erfolg der Enkel

Zum Schaden des Verlags war das nicht, denn Rudolf und Otto führten die Firma in den Folgejahren zur Blüte. Auf der Leipziger Buchmesse war Steinkamp stets mit einem großen Stand vertreten. Anfangs der 20-er Jahre sind auf Fotos mehr als 120 Produkte am Stand dokumentiert, und ein spezieller Messe-Katalog listet gut 280 Artikel auf, vom kleinformatigen Bilderbuch als Zugabeartikel über Märchen-, Mal- und Beschäftigungsbücher bis hin zu reinen Bilderbüchern für Kinder, die noch nicht lesen können. Die Bandbreite der Steinkamp-Produkte beeindruckt noch heute, doch die Eigenart des Verlags, sie weder zu datieren, noch zu nummerieren, ja oft sie nicht einmal mit dem Verlagsnamen, sondern nur mit einem kleinen Signet zu drucken, macht den Sammlern die Jagd nach diesen Bilderbuch-Kleinodien heute schwer.

Ende nach 114 Jahren

Oft lässt nur der Name des Autors oder Illustrators auf ein Steinkamp-Buch schließen. Was ganz klar ist, wenn Kaete Steinkamp für die Illustration verantwortlich zeichnete. Ottos 1895 geborene Tochter war im Bereich der bildenden Kunst sehr begabt. Sie studierte in München, Düsseldorf und in Berlin bei Emil Orlik, einen berühmten Vertreter des Jugendstils. Kaete, die später dem Rheinischen Expressionismus zugerechnet wurde, arbeitete bis zum Ende des Verlages für den Familienbetrieb.

Bereits nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Verlag mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen, 1933 wurde Konkurs angemeldet. Nach dem zweiten Weltkrieg baute der letzte Verlagsleiter Helmut Steinkamp, zwar wieder eine funktionsfähige Druckerei auf, in der 1951 das 100-jährige Bestehen der Firma gefeiert wurde. Doch das alte Stammgeschäft der Bilderbuchherstellung wurde nie wieder aufgenommen. Die Umsätze sanken, 1965 wurde der Druckereibetrieb eingestellt. Nach 114 Jahren existierte die Firma J. A. Steinkamp nicht mehr.

Und wohl kaum jemand aus der Familie hätte sich damals träumen lassen, dass die Büchlein, die den Betrieb einmal groß gemacht hatten, heute für bis zu 400 Euro und mehr antiquarisch gehandelt werden.