Duisburg. .
Allgegenwärtig zu sein, liegt außerhalb der menschlichen Möglichkeiten. Weil Andreas Pieper nicht wie seine engelsgleichen Kollegen mit ihren Instrumenten auf Wolken dahin gleiten kann, hat er sich einen Motorroller gekauft. Als letzter fest angestellter Kirchenmusiker der katholischen Großpfarrei Liebfrauen, in der vor zwölf Jahren die Gemeinden Liebfrauen, Karmel, St. Ludger, St. Gabriel, Christus König und St. Michael zusammen geschlossen wurden, muss er omnipräsent sein.
Seit fünf Jahren hält der 53-Jährige als Leiter der Kirchenmusik „alles zusammen“. Das bedeutet zu einem großen Teil, Honorarkräfte und ehrenamtliche Organisten auszuwählen und einzusetzen. „Die monatlichen Dienstpläne sind eine der zeitaufwendigsten Arbeiten“, sagt Pieper. „Die Messen müssen ja alle bespielt werden – das sind pro Gemeinde zwei bis drei am Wochenende.“
"Musik transportiert Spiritualität"
Zu Weihnachten sind es mehr und die Kirchen voll. „In der Advents- und Weihnachtszeit wäre es ja ein Drama, wenn die Orgel schweigen würde.“ Warum? „Die Musik transportiert Spiritualität, wo die Worte aufhören“, sagt Pieper. „Die Orgel führt aus dem Alltag hinaus, dazu die Atmosphäre im Kirchenraum – das bildet ein Gegengewicht zum Alltagsgeschehen.“ Das Bedürfnis nach Spiritualität spürt Pieper oft, nicht nur zum Fest oder beim „immer gut besuchten Weihnachtssingen am 8. Januar in St. Anna“ oder wenn die von ihm gegründete Choralschola gregorianische Lieder singt.
Aber Weihnachten wird für den Musiker zum rasenden Fest. „Ich bin ständig in allen Kirchen.“ Heiligabend: St. Josef, 17.30 Uhr, adventliche Musik mit der Capella Palestrina (ein von ihm gegründeter A-cappella-Chor, der Renaissance-Musik pflegt), 18 Uhr Messe; St. Gabriel, 21.30 Uhr, Einstimmung, 22 Uhr Christmette. 1. Feiertag: St. Josef 9.30 Uhr, St. Gabriel 11.15 Uhr, Liebfrauen 18 Uhr. 2. Feiertag: St. Josef 9 Uhr, St. Gabriel 11.15 Uhr (Orchestermesse mit dem Kirchenchor, den Pieper ebenfalls leitet), Liebfrauen 18 Uhr; hier zwischendurch (13 Uhr) Weihnachtslieder begleiten bei der Gemeinschaft Sant’Egidio, die sich das Jahr über montags um 19 Uhr in der Liebfrauenkirche zu Gebet trifft. Presto!
Viele Stunden seiner Orgelzeit
In dieser Kirche am König-Heinrich-Platz verbringt Pieper viele Stunden seiner „Orgelzeit“. Denn im Rahmen des Projekts Citypastoral, das Kirche in der modernen Großstadt neu erfahrbar machen möchte, gibt es an allen Wochentagen Eucharistiefeiern: montags, mittwochs und freitags um 11.45 Uhr, dienstags und donnerstags um 17.30 Uhr, sonntags um 18 Uhr. Und bis auf den Dienstag – Piepers einziger freier Tag – sitzt er an der kleinen Orgel in der Unterkirche. Auch wenn es einmal im Vierteljahr „Nightfever“ in Liebfrauen heißt: Ein Angebot für junge Leute, das seinen Ursprung beim Weltjugendtag 2005 hat und seit September 2009 auch in Duisburg läuft. Nach Gebet, Gesang und Gespräch ab 18 Uhr, beginnt um 22 Uhr eine Messe. An der Orgel: Andreas Pieper.
Für ein ausgefülltes Arbeitsleben sorgen außerdem das Vorbereiten von Konzerten, zu denen lange vor den Proben Noten ausgewählt werden müssen, die Verantwortung dafür, dass die Orgeln in einem guten Zustand bleiben, Dienstbesprechungen mit Pfarrer und Pastören, Küstern Sekretärinnen und Kollegen. „Kommunikation ist alles“, sagt Pieper. Beerdigungen, Hochzeiten und Taufen gehen extra. Da vermittelt er auf Wunsch die musikalische Begleitung.
"Ich bin oft unter Druck"
„Und ich muss immer sehr weit im Voraus denken.“ An die Sommerkonzertreihe in St. Ludger zum Beispiel. Oder an das 100-Jährige von St. Gabriel 2012. „Ich bin oft unter Druck“, räumt er ein. „Aber es gibt immer ein offenes Ohr.“ Absolut notwendiger Ausgleich: Im Urlaub bleibt Pieper ebenso unerreichbar wie dienstags.
Während er als Organist in Christmetten und festlichen Messen noch „Oh du fröhliche“ begleitet, hat Andreas Pieper Ostern im Blick. Der Projektchor für die Osternacht in St. Joseph, der neue geistliche Lieder einstudieren wird, trifft sich zum ersten Mal am 6. Februar. Interessenten melden sich unter 0203/66 75 81.