Duisburg. . Um einer Insolvenz zu entgehen, muss der Kinderschutzbund in Duisburg sein Angebot zur Therapie sexuell missbrauchter Jungs streichen. Das Angebot war anfangs einzigartig. Beim Kinderschutzbund trauert man, das Jugendamt spricht von einem Desaster.

Wenn Gerhild Tobergte weint, dann ist es wirklich ernst. Die engagierte Vorsitzende des Kinderschutzbundes, Ortsverein Duisburg, erklärte am Dienstag eine schwerwiegende Entscheidung des Vorstands: Die allenthalben gelobte und anfangs bundesweit einzigartige Einstellung eines männlichen Therapeuten für die Behandlung sexuell missbrauchter Jungs muss gestrichen werden, um nicht in eine Insolvenz zu rutschen.

Damit ist zwar fürs erste die Fachberatungsstelle für von sexuellem Missbrauch betroffene Mädchen und Jungen gerettet, aber in ihrem Angebot reduziert. Diagnose, Elternberatung, Prozessbegleitung laufen durch die weibliche Therapeutin weiter, die Therapie für Jungs kann sie nicht auch noch stemmen, zumal sie sich eh schwerer öffnen, erklärt Tobergte. Die Wartezeiten liegen jetzt schon bei sieben Monaten für einen Therapiebeginn.

100 Kinder sind derzeit in einer Therapie. In Behandlung sind sie zwischen zwei und fünf Jahren. Der Kinderschutzbund rechnet pro Kind mit Kosten von 5000 Euro. Der Verein finanziert sich über Spenden, Mitgliedsbeiträge und Bußgelder sowie Stiftungsgelder. Letztere fließen aber meist nur befristet und projektbezogen. Nicht für eine Stelle und dann auch noch langfristig. Das gilt auch für Unternehmen, die zudem vor dem Thema zurückschrecken. „Der Therapeut soll Sicherheit vermitteln, Vertrauen aufbauen, und ist selbst auf einem Schleudersitz“ , bedauert Tobergte. 70.000 Euro fehlen dem Verein inklusive Arbeitgeberanteil. Für Tobergte ist klar: Eine politische Lösung muss her.

Ein Desaster

„Ich habe so viel Zorn in mir auf diese Gesellschaft“, entrüstet sich Tobergte. „Und es treibt mir Tränen der Scham ins Gesicht, wenn ich diesen Jungs sagen muss, geht nach Hause.“ Wenn man den Missbrauch schon nicht verhindern konnte, dann müsse man zusehen, dass diese Kinder nicht ein zweites Mal zum Opfer werden.

Thomas Krützberg vom Jugendamt Duisburg nennt den Wegfall „ein Desaster“ für Duisburg. Die Jungs seien ja auffällig, die Schulen, die Eltern überfordert, eine kostenintensive Unterbringung in der Jugendhilfe irgendwann die Folge.

Seit vier Jahren versuche er vergeblich, zwei weitere Stellen durchzusetzen, „aber das wäre eine Ausweitung und ist uns also verboten“, bedauert er. Es würden jetzt zeitnah erneut Gespräche mit der Bezirksregierung geführt. Denn es sei absurd: „Wir sollen Präventivketten aufbauen, dürfen aber kein Geld in die Hand nehmen.“