Prüfbericht für Landesarchiv-Bau in Duisburg liest sich wie ein Krimi
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Duisburg. Bauliche Wagnis-Abschätzungen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Alternativprüfungen - all das hat es laut Bewertung des Landesrechnungshofes bei der Entscheidung das Landesarchiv in Duisburg zu bauen, nicht gegeben. Mittlerweile hat das Projekt 190 Millionen Euro verschlungen.
Es sollte nach Duisburg. Buchstäblich koste, was es wolle – es sind mittlerweile über 190 Mio Euro geworden: das Landesarchiv im Innenhafen. Ein am Donnerstag veröffentlichter Bericht des Landesrechnungshofes stellt dem landeseigenen Baubetrieb BLB als Bauherrin ein vernichtendes Urteil aus.
Aber auch damalige Entscheidungsträger in der Staatskanzlei und im Kulturressort geraten ins Zwielicht. „Schleierhaft“, „nicht nachvollziehbar“, „befremdlich“, „bruchstückhaft“: Die Bewertungen des Landesrechnungshofes in seinem unter www.lrh.nrw.de einsehbaren, über 50 Seiten langen Bericht lassen den Kopf schütteln, mit welchen – zum gewichtigen Teil nicht dokumentierten – Entscheidungsabläufen der Beschluss 2007 fiel, das Landesarchiv in Duisburg zu bauen. Bauliche Wagnis-Abschätzungen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Alternativprüfungen – all das hat es offenbar nicht gegeben.
Kaufvertragsangebot über Nacht gestrickt
Allein schon die ersten Kostenberechnungen von 30 Mio € für das Landesarchiv seien „vollkommen unrealistisch“ gewesen, so die Landeskontrolleure. Warum „ausgerechnet der denkmalgeschützte Getreidespeicher (...) besonders privilegiert wurde“, sei nicht ersichtlich und schon damals „bautechnisch zumindest fraglich“.
Speicher nicht weggeschnappt
Just am Tag der Berichtsveröffentlichung erläuterten Kölbl und Kruse der WAZ gegenüber ihre Sicht der Dinge und betonten erneut, dass sie dem Land das Speichergrundstück nicht weggeschnappt hätten. Schon seit 2003 hätten sie mit Koenig verhandelt. Auch die Kostensteigerung sei in dem problematischen Denkmalgebäude vorhersehbar gewesen und u.a. Folge von Planänderungen. Auch die 29 Mio € für die Vertragsauflösung halten die Investoren für gerechtfertigt.
Fast wie ein Krimi liest sich, was Ende Januar/Anfang Februar 2007 geschah, als das Land noch kurzfristig die Innenhafen-Grundstücke kaufen wollte, an denen schon längst die Essener Investoren Kölbl und Kruse dran waren. Praktisch über Nacht strickte nach WAZ-Informationen ein Duisburger Anwalt an einem Kaufvertragsangebot an den Speicher-Besitzer Koenig.
"Nicht kalkulierbares Kostenrisiko"
Der setzte doch lieber aufs Essener Pferd, so dass der BLB dann mit Kölbl und Kruse in Windeseile das Archiv plante und Mietverträge unterschrieb – wieder mit „nicht kalkulierbarem Kostenrisiko“. Das Archiv sollte unbedingt Leuchtturm zum Kulturhauptstadtjahr werden. „Diese vermeintliche Eilbedürftigkeit rechtfertigte jedoch keinesfalls eine Handlungsweise mit derart unabsehbaren wirtschaftlichen Risiken“, urteilt der Landesrechnungshof jetzt.
Ähnlich hanebüchen dann die Verhandlungen, als der BLB Kölbl und Kruse das Archiv-Projekt für 29 Millionen Euro abkaufte. Die Summe entbehre „jeglicher soliden wirtschaftlichen Grundlage“. Ob nur, um „das Prestigeobjekt (...) nicht gänzlich verwerfen zu müssen“, oder ob auch „andere sachfremde Interessen eine Rolle gespielt haben“, könne nicht geklärt werden, so der Landesrechnungshof.
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