Stadt Duisburg kassiert für Landesarchiv-Bau 454.000 Euro
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Duisburg. . Für verkaufte Grundstücke, auf denen das neue Landesarchiv gebaut werden soll, bekommt die Stadt Duisburg nun eine Nachschlagszahlung von 454.000 Euro vom Land. Der umstrittene Neubau wird somit etwa 200 Millionen Euro kosten.
An die 200 Millionen Euro soll nach jüngsten Hiobsbotschaften der umstrittene Neubau des Landesarchivs am Innenhafen kosten. 450.000 Euro der Mehrkosten gehen dabei buchstäblich aufs Konto der Stadt:
Die Summe bekommt sie als Nachschlagszahlung für verkaufte Grundstücke, auf denen das Archiv gebaut wird. Ausgerechnet Duisburg, das doch von der neuen Landes-Einrichtung profitiere, „schröpft“ das Land, schreibt das Online-Magazin von Focus, das ausführlich die in der Tat teils abenteuerlichen Gründe für erneute Kostensteigerungen für den Prachtbau auflistet.
Von happigen 48.000 Euro für eintretende Baustillstandstage ist da die Rede, auch vom kostenträchtigen Streit zwischen dem Bauherren, dem landeseigenen Baubetrieb BLB, und den Edel-Architekten um Dämmfassaden, von höheren Bauzinsen und Millionenkosten für Bauzeitverlängerungen.
"Die Zahl stimmt"
Und zur Liste gehören eben die 454.000 Euro, die die Stadt zusätzlich als Erlös für Grundstücksverkäufe verlangt und vom Land auch schon überwiesen bekommen hat. „Die Zahl stimmt“, bestätigt Ralf Oehmke, Chef der Innenstadt Entwicklungsgesellschaft IDE. Doch das „Schröpfen“ lässt Oehmke nicht so stehen. Dazu muss man einen Blick auf die Grundstücke werfen, die der BLB derzeit am Innenhafen bebaut.
Auf vier großen Parzellen steht das Archiv: A,B,C und D. Die Grundstücke A (der alte RWSG-Speicher) und C gehörten Olaf Koenig, die er 2007 direkt für 3,85 Mio Euro an die Essener Projektfirma Kölbl und Kruse verkaufte; die Grundstücke B und D gehörten der Stadt, versehen mit einer Erbpacht für den einstigen Speicher-Besitzer Koenig.
Verkauf für 765.000 Euro
Bekanntlich verkaufte die Stadt ihre beiden Grundstücke nach dem Koenig-Deal ebenfalls an Kölbl und Kruse für den ebenfalls bekannten Betrag von 765.000 Euro. „Das erfolgte mit ausdrücklichem Einverständnis und in Absprache mit dem BLB“, betont Oehmke und widerspricht damit Vorwürfen gegenüber der Stadt, sie hätte leichtfertig und zu billig einen Faustpfand aus der Hand gegeben. Das Grundstücksgeschäft erfolgte damals allerdings mit der Maßgabe, so Oehmke, dass eine Nachzahlung von 450.000 Euro fällig wird, sofern ein bestimme Bebauungs-Quadratmeterzahl auf dem Areal überschritten wird.
Diese Nachzahlungsverpflichtung aus dem Kaufvertrag mit den Essenern ist dann auf den BLB übergegangen, nachdem sich der Landesbetrieb aus den Verträgen mit Kölbl und Kruse teuer herausgekauft hatte, um das Landesarchiv in Eigenregie zu bauen. Anstandslos habe der BLB die vertragsgemäße Nachzahlung geleistet, so Oehmke.
Alles nur Legende?
Während sich auch der eingesetzte Untersuchungsausschuss des Landtages zum Landesarchiv mit den Hintergründen der damaligen Grundstückskäufe, mit den Vorwürfen um die Weitergabe von Insidertipps und – parallel mit der Staatsanwaltschaft – mit den Machenschaften beim BLB – namentlich steht der geschasste BLB-Chef Tiggemann wegen Misswirtschafts- und Korruptionsvorwürfen im Fokus – beschäftigt, will Oehmke zugleich mit „Legenden“ Schluss machen. Für den IDE-Chef ist klar: An den Mutmaßungen und Vorwürfen, dass Kölbl und Kruse dem Land die Archiv-Grundstücke, womöglich noch dank Tipps von OB Sauerland „vor der Nase wegschnappte“, sei „absolut nichts dran.
Baustelle Landesarchiv
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Oehmke verweist auf seine Handakten mit Kopien. Die Originale hat die Wuppertaler Staatsanwaltschaft, die in Sachen BLB ermittelt. „Kölbl und Kruse“, sagt Oehmke, hätten schon lange vor 2007 mit Koenig über den Kauf des RWSG-Speichers verhandelt und hatten „den Fuß in der Tür“. Auch die Verhandlungen mit dem BLB über das Landesarchiv reichten weit zurück. Der Innenhafen sei zudem bekanntes Terrain für die Essener, verweist Oehmke auf andere Bau-Projekte, das Hitachi-Haus, die „Five Boats“ etwa.
Mutmaßungen um bizarre Zeitnähe
Für Oehmke zumindest lösen sich auch Mutmaßungen um die bizarre Zeitnähe, dass es am 31. Januar 2007 noch einen vertrauliche Runde auch mit OB Sauerland in der Staatskanzlei gab und am 2. Februar ein Notartermin zum Kauf des Speichers durch das Land von Koenig kurz vorher abgesagt wurde, in Luft auf. Aus Oehmkes Sicht waren die gebotenen 3,85 Mio € der Essener Projektfirma Koenig schlichtweg sicherer als die von der Stadt offenbar kurzfristig allerdings nur als „Kaufoption“ auch vorbehaltlich eines Ratsbeschlusses angebotenen 3,9 Mio €. Oehmkes Unterlagen widersprechen damit auch kursierenden Informationen, dass das Land nur zwei Mio Euro geboten habe.
Dass sich Kölbl und Kruse dann später den Rauskauf aus dem Archiv-Projekt mit insgesamt 21 Mio Euro versilbern ließen, kommt Oehmke als Summe „auch viel vor“. Die Essener hätten offenbar „gut verhandelt“. Am Verhandlungstisch „haben aber erwachsene Männer gesessen. Das Land hätte das ja nicht machen müssen“, sagt Oehmke, bei dem Unmut erzeugt, dass einer seiner wichtigsten Innenhafen-Investoren so „zu Unrecht am Pranger steht“. Auch wegen der bekannt gewordenen Spenden an die Duisburger CDU von insgesamt 38 000 Euro in den vergangenen Jahren.
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