Duisburg. .
Der nach dem Loveparade-Unglück gegründete Verein „Massenpanik Selbsthilfe“ fordert, endlich einen Runden Tisch einzurichten, um über außergerichtliche Entschädigungszahlungen an die Opfer zu verhandeln.
Auf der einen Seite sollen Vertreter von Land, Lopavent bzw. Axa-Versicherung und Stadt sitzen, auf der anderen Vertreter und Anwälte der Opfer und Angehörigen der Toten. Eine entsprechende Petition an den Landtag ist in Arbeit. Vorsitzender Jürgen Hagemann: „Wir sind empört über das Verhalten der Axa. Wir Betroffenen haben die ganze Zeit schon den Eindruck, dass die Axa eine billige Lösung auf dem Rücken der Opfer für sich sucht.“
Land sieht für Stiftung keine politische Grundlage
Bislang scheitert der Runde Tisch nach Angaben der Landesregierung am Verhalten der Stadt Duisburg. Das Innenministerium bestätigt zwar einen entsprechenden Vorschlag der Rechtsanwälte Baum und Reiter, mit dem Ziel, eine Stiftung zu gründen. Doch: „Für eine Stiftung sieht das Land aber keine politische Grundlage, weil explizit die Stadt Duisburg per Ratsbeschluss die Gründung einer Stiftung ausgeschlossen hat“, wie der Pressesprecher des Innenministeriums, Wolfgang Beus, auf Nachfrage der Redaktion erklärte. Doch im Rathaus weiß man nichts von einem solchen Ratsbeschluss.
Vielmehr habe der Rat im Mai die Stadtverwaltung beauftragt, „aktiv an einer außergerichtlichen Lösung bei der Entschädigung der Opfer der Loveparade mitzuarbeiten“, heißt es dort. Auch das Land werde in dem Antrag gebeten, sich an einer Regelung zu beteiligen. Gestrichen wurde in dem Antrag der rot-rot-grünen Mehrheit ein Satz des ursprünglichen Antrags, in dem der Vorschlag der Kanzlei Baum-Reiter zur Gründung einer Stiftung von Land, Lopavent (als Veranstalter) und Stadt vorgeschlagen wird, „weil man dies als Rat ja nicht beschließen könne“, hieß es.
Auslöser der Debatte um eine Schadensregulierung für die Opfer der Loveparade ist, wie wir berichteten, das Angebot der Axa-Versicherung über eine Schmerzensgeldzahlung von 2000 Euro an die Mutter der ums Leben gekommen 21-jährigen Giulia aus Italien.
1,2 Millionen aus dem Hilfsfonds geflossen
Die Landesregierung hat nach der Loveparade 1,5 Millionen Euro als unbürokratische humanitäre Soforthilfe zugunsten der Hinterbliebenen und Opfer der Loveparade zur Verfügung gestellt. Die bisherigen Zahlungen des Hilfsfonds an Hinterbliebene und Verletzte belaufen sich auf rd. 1,2 Millionen Euro. Aus dem Hilfsfonds sind in Kooperation mit der Stiftung Notfallseelsorge auch die seelsorgerischen Treffen für die Angehörigen der Opfer finanziert worden.
Rechtsanwalt Dr. Julius Reiter, dessen Kanzlei 86 weitere Opfer und Angehörige von Verstorbenen der Loveparade vertritt, kritisierte gegenüber DerWesten die Versicherung: „Die Axa-Versicherung versucht hier nur möglichst billig herauszukommen. Die Stadt Duisburg und das Land sind schlecht beraten, wenn sie der Axa die Schadensregulierung überlassen. Dieses Angebot zeigt, wie sich die Versicherung die Regulierung vorstellt. Das ist keinesfalls angemessen und wird dem Leid der Opfer nicht gerecht.“
Anwalt warnte davor, Abfindungserklärung zu unterschreiben
Schon vor Wochen hatte Reiter Opfer der Katastrophe davor gewarnt, die Vergleichs- und Abfindungserklärung der Axa über 3500 Euro zu unterschreiben, weil sie damit auf alle weiteren Ansprüche verzichten, die aus Spätfolgen resultieren könnten.
Mit ihrer Unterschrift verzichteten die Opfer nicht nur auf die Ansprüche gegenüber Lopavent, sondern auch gegenüber Stadt „und Dritten“. Damit wäre das Land auch aus dem Schneider. Doch das Innenministerium dementiert: „Das Land hat bisher keinerlei Vereinbarungen mit der Axa über mögliche Entschädigungen von Opfern getroffen.
Zahlungsangebote der Axa an die Opfer sind nicht mit uns abgesprochen und inhaltlich auch nicht bekannt“, so Wolfgang Beus. Nach dem derzeitigen Stand rechne das Land nicht mit einer rechtlichen Verpflichtung zu einem Schadenersatz im Zusammenhang mit der Loveparade. „Sollte sich dies ändern, steht das Land selbstverständlich zu seiner Verantwortung.“ Das könnte der Fall sein, wenn es zu einer Verurteilung eines leitenden Polizeibeamten kommt, gegen den ebenfalls ermittelt wird.