Duisburg.

Der demografische Alterungsprozess mit zunehmender Pflegebedürftigkeit und steigender Anzahl von Demenzkranken wird eine der größten Herausforderungen, denen sich die Gesellschaft in den nächsten Jahren stellen muss.

Denn diesem Prozess steht der persönliche Wunsch gegenüber, den Lebensabend möglichst in der eigenen Wohnung zu verbringen. „Wie soll es in 20 Jahren aussehen? Das wird eine große Herausforderung“, unterstreicht Jutta Schilling, die Geschäftsführerin der Evangelischen Sozialstationen in Duisburg. „Wichtig ist, Konzepte zu erarbeiten, an denen die Betroffene mitwirken und nicht, Konzepte für sie zu schreiben.“

Pflegebedürftigkeit kommt plötzlich

Auch wenn der Alterungsprozess sich in die Länge streckt: „Pflegebedürftigkeit kommt immer plötzlich“, weiß Jutta Schilling aus langjähriger Berufserfahrung. „Erst sagt man: Gott sei Dank, ich kann noch alleine leben. Dann kommt eine Erkrankung oder ein Sturz und plötzlich kommt eine Maschinerie in Gang und man ist nicht mehr in der Lage, etwas zu wollen.“

Den Umzug in eine stationäre Einrichtung machen die wenigsten Menschen freiwillig: nur etwa zwei Prozent. In allen anderen Fällen zwingen die Lebensum- oder die Gesundheitszustände die Senioren dazu, die eigene Wohnung aufzugeben und in eine Altenwohnanlage zu ziehen.

Unterstützung von Sozialhilfeträgern

„Der erste Weg sollte in eine Beratungsstelle führen, wenn man merkt, das es so nicht weitergeht oder man sich vorbereiten möchte auf das, was kommen kann“, rät Jutta Schilling. Und man muss sich auch darauf einstellen, dass es eben etwas kosten kann, wenn man Hilfeleistungen benötigt. Das hat dann noch nichts mit einer Pflegestufe zu tun. „Die Hauswirtschaftshilfe wird immer stärker nachgefragt.“ So betreut allein die Evangelische Sozialstationen GmbH rund 100 Haushalte mit Dienstleistungen dieser Art. „Nur wer tatsächlich kein Geld hat, kann Unterstützung vom Sozialhilfeträger erhalten. Hier helfen wir bei der Antragstellung.“

Viele Menschen haben falsche Vorstellungen von den Leistungen der Pflegekasse. So erzählt sie von einer Frau, die sich beklagte, dass ihr Mann keine Pflegestufe erhalten habe. Gleichzeitig erzählte die Frau voller Stolz, dass sie alles noch allein erledigen könne. Die Einordnung in eine Pflegestufe erfolgt nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes. Das geht nur in seltenen Fällen in kurzer Zeit. Wartezeiten bis zum Untersuchungstermin und bis zum endgültigen Bescheid sind die Regel. Und ohne Pflegestufe keine Leistungen oder stationäre Pflege in einer Altenwohnanlage.

Demenz-Café

Im Falle einer Demenzerkrankung ist die Einordnung in eine Pflegestufe meist unstrittig. Laut Jutta Schilling gibt es etwa 7500 Duisburger, die an Demenz leiden. „Davon lebt nur ein Drittel in Heimen, 5000 also zu Hause.“ Und davon nehmen längst nicht alle die Angebote von ambulanten Diensten oder den Einrichtungen für Demenzkranke (Stichwort: Demenz-Café) in Anspruch. In allen übrigen Fällen tragen die Angehörigen die mit der Krankheit verbundenen Belastungen ganz allein.

Jutta Schilling rät, sich aufs Alter vorzubereiten und so Verantwortung für sich selbst zu übernehmen: „So kann man möglichst viel für sich selbst entscheiden.“ Doch auch wenn die Situation plötzlich da ist, kann durchaus schnelle Hilfe kommen: „Vieles ist möglich. Zunächst geht es darum, Hilfe zu organisieren und abzuklären, was überhaupt nötig ist.“

Für alle erschwingliche Mietpreise

Manche Ideen und Projekte rund um das Leben im Alter scheitern auch. „Wir hatten vor einiger Zeit ein Projekt für eine Wohngruppe in der Stadtmitte geplant. Dort sollte ein Haus gebaut werden, in dem Senioren leben, die alle von der Grundsicherung abhängig sind. Die Auflagen für den Brandschutz des Hauses waren aber so hoch, dass der Mietpreis nicht erschwinglich gewesen wäre.“ Und das hätte der Träger der Grundsicherung – die Stadt – nicht mitgemacht. Die Zahl von altersgerechten Wohnungen ist in den vergangenen Jahre stark gestiegen. Doch die Neu- oder Umbauten haben auch alle ihren Preis. „Die Investitionen sollen sich ja schließlich auch rechnen.“

Berufe in der Altenpflege scheinen nicht mehr attraktiv zu sein und leiden unter einem schlechten Image. „Das ist nicht wirklich gerecht“, klagt die Geschäftsführerin. Hinzu komme, dass es in der Hauptsache Frauen sind, die in der Altenpflege arbeiten. Junge Frauen verlassen den Beruf oft nach vier oder fünf Jahren wieder. „Das ist viel Arbeit, dafür gibt es wenig Anerkennung und auch relativ gesehen wenig Geld. Es wird deshalb auch eine Herausforderung sein, Auszubildende zu finden und sie als Pflegekräfte zu halten.“