Duisburg. . Ganz legale Graffiti-Kunst ziert in der Innenstadt fünf hölzerne Möbelstücke. Als Auftragsarbeit besprühten Profi-Sprayer Bänke. Inspirieren ließen sie sich vom Stadtbild. Die Brücke der Solidarität etwa stand Model für eines der Werke.
Sie prangen an Brückenpfeilern oder Lärmschutzwänden, oft auch an Zügen. Für die einen ist es Schmiererei, Vandalismus, Sachbeschädigung. Für die anderen eine Form der Selbstdarstellung, ein Wettbewerb und nicht zuletzt Kunst. Die Rede ist von Graffiti. Wie kunstvoll man mit der Dose arbeiten kann, zeigten am Samstag fünf Profisprayer auf der Königstraße.
Mit geübtem Schwung führt Nils Jänisch die Sprühdose über die Sitzbank. Leise zischt die Farbe heraus, die Luft ist erfüllt vom Geruch der Lösungsmittel und Farbpartikel. Einige Minuten vergehen, dann ziert ein Seehund das hölzerne Möbelstück. Jänisch ist Sprayer aus Leidenschaft. Doch er und seine Kollegen sprühten am Samstag nicht illegal. Nein sie schmückten mit ihrer Kunst fünf jener Sitzbänke, die derzeit auf der Königstraße stehen. Und das ganz legal, als Auftragsarbeit.
Illegal angefangen
Angefangen hatte Jänisch aber – wie so ziemlich alle Sprayer – indem er sich strafbar machte. „Man kann nicht gleich an legale Wände gehen, denn bessere Sprayer darf man nicht einfach übermalen“, erklärt er die Regeln in der Szene. Also ging er zum Üben in leer stehende Häuser oder unter Brücken. Bis er mit 16 erwischt wurde. „Seitdem mache ich nur noch legale Sachen.“ Wie diese Arbeit an den Bänken. Dass er dabei in seiner Motivwahl eingeschränkt ist und etwas abmalt, stört den Künstler nicht. „Meine Plagiate dienen nur als Vorlage für meine Kunst“, so Jänisch. „Ich versuche meinen eigenen Stil in der Farbkonstellation zu zeigen.“
Das erfordert eine Menge Erfahrung. Aprikot-Beige, Schockblau, Verkehrsrot oder auch Eisblau-Dunkel: Allein das Bild für die Rückseite besteht aus zehn verschiedene Farben. 100 Dosen hat Nils Jänisch dabei. „Hier brauche ich aber nur um die 40.“ Bereits seit 2006 arbeitet er als freischaffender Künstler und malt nur noch im Auftrag.
Anders Oliver Wenta: Er lehnt Auftragsarbeiten in der Regel ab. Bei der Aktion in der Stadt macht er nur mit, weil ihn ein Bekannter darauf angesprochen hat. Aber Wenta meint: „Ich finde nicht, dass das wirklich Graffiti sind.“ Seiner Meinung nach sollte ein Sprayer nur seinen eigenen Stil vertreten und nicht etwas abmalen. Er selbst ist eher ein „Buchstabenmaler“, sprüht also sein Zeichen, ein so genanntes Tag. Und das möglichst gut.
"Es geht nicht um Zerstörung"
In der Sprayerszene herrscht eine Art Wettbewerb, wessen Bild am besten aussieht. „Für Außenstehende ist das nicht zu verstehen“, meint Wenta. Für seine Bank hat sich der gebürtige Rheinhauser die Brücke der Solidarität ausgesucht. In ihren Konturen ist die Duisburger Skyline zu erkennen. Das Motiv durften sich die Künstler selbst aussuchen. Es sollte nur etwas mit der Region zu tun haben.
Gesponsert wurde die Aktion von der Volksbank. Die Idee dazu hatte Vorstandsmitglied Thomas Diederichs, als er durch die Stadt fuhr und einen Sprayer sah. „Da dachte ich: Graffiti sind viel mehr als Schmiererei.“ Dem kann Nils Jänisch nur zustimmen: „Sprayern geht es nicht um Zerstörung, sondern um die Leidenschaft für die Farbe.“