Duisburg. . Ferien und Lesen: Das passt einfach zusammen, weil man dabei verreist – egal, ob man zu Hause bleibt oder wegfährt. Bei den Reisen im Kopf, die man per Buch unternimmt, kommt man jedenfalls ganz schön rum. Christiane Bays gibt Lesetipps.

Peggy Mädler: Legende vom Glück des Menschen, Galiani, 16,95 Euro.

„Vom Glück des Menschen“ heißt ein DDR-Fotoband, den die Erzählerin im Nachlass der Großeltern findet. Er zeigt ein idyllisches Bild vom sozialistischen Alltag und seinen Menschen. Den propagandistischen Bildern setzt sie ihre eigene Familiengeschichte entgegen und stellt die Frage: „Lässt sich Glück verordnen?“ Sie trägt Erinnerungen zusammen an die eher schwere Kindheit der Großeltern, an den Notstand ihrer Eltern und an die Zwänge, denen sie und ihr Bruder unterworfen waren. Doch sie misstraut ihren Erinnerungen auch, und so entsteht kein Geschichtspanorama, sondern ein Roman der leisen Töne und klugen Gedanken, der die wichtige Frage nach eigener Identität stellt und der ein wenig glücklich macht.


John Cheever: Die Lichter vom Bullet Park, DuMont, 19,99 Euro.

Von außen betrachtet scheint das Leben der Bürger vom Bullet Park, 30 Kilometer vor New York, perfekt zu sein. Hier wird Wert gelegt auf getrimmte Rasen und Cocktailpartys. John Cheever wagt jedoch einen Blick hinter die Fassaden der Vorortgesellschaft in den 60er Jahren und erzählt von privaten Abgründen und Tragödien der Bewohner. Die Männer stehen unter hohem Erfolgsdruck, den sie nur mit Alkohol und Affären ertragen, während die Frauen zu einem öden Hausfrauendasein verdammt sind, das sie in tiefe Depressionen stürzt. Mit sprachlicher Brillanz und abgründigem Witz ist dem 1982 verstorbenen Autor eine packende Gesellschaftssatire gelungen.


Vikas Swarup: Immer wieder Gandhi, Kiepenheuer & Witsch, 9,95 Euro.

Vicky Rai, krimineller Sohn des Innenministers, wird ausgerechnet auf der Party anlässlich seines Freispruchs ermordet. Ermittelt wird gegen sechs Partygäste unterschiedlichster Herkunft, die ausreichend Grund für die Tat gehabt hätten. Nur vordergründig ein Krimi, zeichnet der Roman anhand der Lebensläufe der Tatverdächtigen ein breites Panorama des modernen Indien. Die korrupte Politikerkaste, die Bollywood-Filmbranche und sogar Gandhi werden mit des Autors Spott überzogen. Immer wieder wechselt Swarup die Perspektiven, erhöht Tempo und Spannung und lässt so eine rasante Komödie entstehen, die alles hat, was ein guter Urlaubsschmöker braucht.


Catalin Florescu: Jacob beschließt zu lieben, Beck, 19,95 Euro.

Dies ist die abenteuerliche Geschichte des Jacob Obertin, der im rumänischen Banat aufwächst, und seiner Familie. Eine Geschichte, die vom Dreißigjährigen Krieg bis weit ins 20. Jahrhundert hinein reicht und an atmosphärischer Dichte kaum zu überbieten ist. Der Wunsch, ein Stück Land zu besitzen, treibt Jacobs Urahnen ins Banat. Dort schaffen sie sich unter harten Bedingungen eine Existenz und leben friedlich neben Zigeunern, Ungarn, Rumänen und Juden bis in die 1930er Jahre. Wie fragil diese Gesellschaft ist, zeigt sich mit dem Ausbruch des 2. Weltkriegs. Verraten durch den eigenen Vater, soll Jacob nach Sibirien deportiert werden und überlebt nur dank seiner Fähigkeit, andere Menschen zu lieben. Eine ungemein packende Geschichte um Liebe und Freundschaft, Flucht und Verrat.


Marco Malvaldi: Im Schatten der Pineta, Piper, 8,95 Euro.

Es ist heiß, sehr heiß in dem kleinen Ort an der ligurischen Küste. Ertragen lässt es sich nur an einem Ort – in Massimos Bar. Beim täglichen Stammtisch der alten Männer dreht sich alles um die Hitze, das Kartenspiel und den Dorfklatsch, als ein totes Mädchen in einem Container gefunden wird. Commissario Fusco, bekannt für seine Arroganz und Unfähigkeit, stürzt sich auf den erstbesten Verdächtigen, einen Verehrer der Ermordeten. Doch Massimo ist überzeugt von dessen Unschuld und begibt sich selber an die Aufklärung des Falls. Toskanische Hitze und träge Sommeratmosphäre sind zum Greifen nah, garniert mit einem kräftigen Spritzer Humor!